Rezension
Dear Reader
Idealistic Animals
Highlights: MONKEY (You Can Go Home) // MAN (Idealistic Animals) // WHALE (Boohoo)
Genre: Bittersüßer „Arthouse Pop“
Sounds Like: Rilo Kiley // My Brightest Diamond
VÖ: 02.09.2011
Ein ganzes Album, den Tieren gewidmet. Neben Füchsen, Walen, Kamelen, Elefanten, Bären, Affen, Regenwürmern und einigen anderen darf das höchste aller Tiere natürlich nicht fehlen: Der Mensch. Den Menschen gebührt dann sogleich auch der Titel des Albums: Als idealistische Tiere werden wir abgestempelt. Immer nach absurden Idealen strebend, geradezu traumtänzerisch alles verwirklichen wollend, was mit klarem Verstand gar nicht möglich ist. Der Mensch als Wesen, das sich oftmals für viel zu perfekt hält. Und wenn dieses Wesen damit konfrontiert wird, dass es ebenfalls ein Säugetier ist wie die Kuh, die Katze oder der Hund, dann erschrickt es oftmals vor sich selbst. Cherilyn MacNeil, alias Dear Reader, hält uns diesen Spiegel vor. Auch wenn die unterschiedlichen Titel Tiernamen tragen, so spielen sie symbolisch allesamt auf Verhaltensweisen des Menschen an. Wie zum Beispiel mit dem Bild vom Maulwurf („MOLE“), der beim Graben im Tunnel auf eine Geliebte trifft, und danach dennoch in der Hoffnung weiter lebt, vielleicht noch jemand Besseren zu treffen, zeigt MacNeil mit dem Finger auf uns Menschen und unsere Unfähigkeit, mit dem, was wir haben, zufrieden zu sein.
In „MONKEY (You Can Go Home)“ richtet MacNeil die Vorwürfe und Zweifel dann gleich gegen sich selbst. Alle Aussichten und Ambitionen, jemals etwas Großes zu leisten, schickt sie nach Hause. Mit zarten Klaviertönen unterlegt und durch ein dramatisches Streicher-Arrangement ergänzt, ruft sie ihnen in herrlichem Chorgesang und in endloser Wiederholung „You Can Go Home Now!“ hinterher. In „MAN (Idealistic Animals)“, dem Titeltrack, thematisiert Cherilyn MacNeil ihre größte Angst, nämlich die, dass das Leben völlig bedeutungslos ist und man weder Einfluss noch Kontrolle darüber hat. „Tell me the meaning // What do you control? // Is there anything at all? // We´re just idealistic animals”, erklingt da MacNeils Stimme, die eher predigend als singend wirkt und alle Hoffnungen mit einem rabiaten „There is no such thing as paradise!“ nieder schmettert.
Zum Glück findet man auf “Idealistic Animals“ neben der bezaubernden Instrumentierung auch in den Lyrics kleine Hoffnungsschimmer, wenn man danach sucht – so wie in „FOX (Take Your Chances)”, in dem MacNeil den Hörer zum Leben auffordert: „Life is dull and sin // Most of the time // Take your chances now!”.
Cherilyn MacNeil erzählt uns all diese meist bitteren Geschichten und umhüllt sie doch mit solch zuckersüßer Musik, dass die Dramatik der Lyrics dem Hörer erst bei genauem Hinhören bewusst wird. Vollgeladen mit Klavierklängen, Oboen, Trompeten, ganzen Chören ist „Idealistic Animals“ ein kleines orchestrales Meisterwerk geworden, hinter dem eben genau solch ein idealistischer Mensch, um den es in den Songs geht, steckt. Da möchte man der lieben Cherilyn doch zurufen: „Genug der Selbstzweifel!“, denn wer solch schöne Musik macht, sollte mal mit sich selbst zufrieden sein.
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