Rezension
Muse
Black Holes And Revelations
Highlights: Map Of The Problematique // Take A Bow
Genre: Progressive Rock // Glam // Pomp
Sounds Like: Radiohead // Queen
VÖ: 30.06.2006
Matthew Bellamy, Sänger, Gitarrist, Pianist und Mastermind bei Muse, hat einmal gesagt, das neue Album könne eine Prise Strokes in sich tragen. Zum Glück ist das schon etwas länger her und dass es eingetreten ist, kann sofort nach dem Lesen der Songliste in die Welt der Fabeln oder wohl eher in die Welt der Science-Fiction verwiesen werden. "Supermassive Black Hole", "Knights Of Cydonia" oder "Exo-Politics" deuten mehr in den Weltraum als nach New York City. Vom Albumtitel des mittlerweile vierten regulären Studioalbums "Black Holes And Revelations" gar nicht zu reden.
Die Stimmen, die Muse beim Vorgänger "Absolution" noch fehlende Weiterentwicklung vorwarfen, werden dieses Mal wohl kaum zu hören sein. Das wird schon beim erstmaligen Hören der für den US-Markt gewählten Single "Knights Of Cydonia" klar. Wir reisen zurück ins Mittelalter und befinden uns als vermeintlicher Held der Geschichte auf dem Rücken eines Pferds. Fanfaren ertönen während wir die Burgmauern entlangreiten, der Chor der Burgfräulein summt eine herrliche Melodie. How can we win when fools can be kings, rufen wir empor. Wir halten an und alle stimmen im Chor ein:
No-one's going to take me alive.
The time has come to make things right.
You and I must fight for our rights.
You and I must fight to survive.
Schließlich reiten wir davon. Hinaus in die große weite Welt, immer weiter, bis wir aus den Augen der Burgfräulein verschwinden, untermalt durch ein treibendes Gitarrenriff. Das ist alles ganz nett und die Lyrics ehrenhaft, könnte man sagen. Das Problem ist nur, die Geschichte spielt nicht auf der Erde, sondern auf dem Mars im Areal Cydonia. Oder auf die musikalische Ebene bezogen, Muse fordern zuviel, sie verlieren das bisschen Bodenständigkeit, was jeder CD innewohnen sollte. Sowohl Texte als auch Musik gehen weit über das hinaus, was ein durchschnittlicher Akte X-Fan ertragen könnte, ständig fühlt man sich an Highlander erinnert. When the zetas fill the skies, will our leaders tell us why? heißt es zum Beispiel in "Exo-Politics". Als Untermalung dazu gibt es Keyboardsounds, die gut und gerne aus erstgenannter Fernsehserie oder dem Film mit den stundenlangen Schwertkämpfen entnommen sein könnten.
Um es mit wenigen Worten zu sagen: Das Album ist sehr theatralisch, sehr, sehr dramatisch und sehr, sehr, sehr ambitioniert. Es wird mit Sicherheit Leute geben, die das mögen, ausgesprochene Muse-Fans sowieso, aber ohne den Hang zu Verschwörungstheorien und einer richtig großen Portion Pomp wird das nichts. Mehrstimmiger Gesang, Trompeten, Geigen und wesentlich mehr Elektronik als von Muse bisher gewohnt stürzen auf den Hörer ein. Damit muss man erst einmal zurechtkommen.
Aber zum Glück gibt es auch Ausnahmen. Der Opener "Take A Bow" zum Beispiel beginnt mit einer schönen, von Streichern unterlegten, Pianomelodie. Als Bellamys Gesang hinzukommt, beginnt einer dieser musetypischen Spannungsbögen, der durch einen technoiden Beat zum Höhepunkt geführt wird. Dort angekommen bricht das Lied ab, atmet kurz durch und erreicht schließlich das, was Bassist Christopher Wolstenholme eine "infernalische Rock-Apokalypse" nennt. Das ist durchaus ein guter Song und damit ein gelungener Albumauftakt.
Ähnlich ist es auch bei "Map Of The Problematique", dem wohl besten Stück des Albums. Der Gesang schwebt herrlich über dem rhythmischen und elektronischen Unterbau. I can't get it right since i've met you, klagt Bellamy. Im Hintergrund fiept und pluckert es. Für das Liveset von Muse ist dieses Lied mit Sicherheit eine Bereicherung und vor allem zeigt es, wo es hätte hingehen können. Dank Bellamys großartiger Stimme sind auch einige schöne Ohrwürmer auf dem Album enthalten. Der Refrain von "Starlight" zum Beispiel ist so einer. Our hopes and expectations. Black Holes and revelations unterlegt durch ein schönes Gitarrenarpeggio gefolgt von Hold you in my arms. I just want to hold you in my arms mit diesem simplen Pianomotiv im Hintergrund. Das setzt sich in den Gehörgängen fest und geht auch nur schwer wieder heraus.
Aber ansonsten muss man nach den ganz großen Momenten mit der Lupe suchen und so wenden wir uns lieber wieder den negativen Seiten zu. Mit "A Soldier's Poem" haben Muse den rechtmäßigen Nachfolger zu "Unintended" geschrieben, aber für den Schmalz dieses mehrstimmigen Gesangs braucht man schon ein richtig dickes Fell. Was ist eigentlich aus den großartigen Gitarrenriffs geworden, die uns Muse normalerweise um die Ohren knallen? Bis auf "Assassin" ist da nicht viel gewesen. Was ist mit Bellamys Klavierkünsten? Wo sind die fetten Basslines? Natürlich kommt das alles auf der Platte vor, aber lange nicht so zwingend, wie wir es von Muse gewohnt sind.
Und so lassen uns Muse mit eineinhalb weinenden Augen zurück. Aber ist doch eigentlich alles nicht so schlimm, könnte man sagen. Einfach mal wieder "Showbiz" oder "Origin Of Symmetry" einlegen und daran denken, wie großartig diese Band eigentlich ist.
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