Rezension
Frightened Rabbit
The Winter Of Mixed Drinks
Highlights: Things // Swim Until You Can't See Land // Living In Colour
Genre: Indie // Indie-Rock
Sounds Like: British Sea Power // We Were Promised Jetpacks // The Twilight Sad
VÖ: 05.03.2010
Man kennt sie, diese Tage, an denen alles schief läuft. Die entscheidende Bahn fährt einem direkt vor der Nase weg, dann gibt der Akku des Handys seinen Geist auf, ohne dass man seinem Date Bescheid geben kann und obwohl man an verabredeter Stelle eine halbe Stunde später verschwitzt aufkreuzt, sieht man schon von weitem, dass Hopfen und Malz verloren sind. Plötzlich hat man eine riesige Wut auf alles, will alles hinschmeißen, stellt dann fest „Mist, geht nicht“ und fühlt sich verdammt klein und verdammt hilflos.
Aber das Gefühl geht vorbei und bald darauf läuft alles wieder mehr oder weniger in seinen geregelten Bahnen. Wenn man dann zurückdenkt an die Aufregung von vor ein paar Tagen, kann man entweder bis zum Wahnsinn darüber nachdenken, was wohl passiert wäre, wenn man die Bahn gekriegt hätte – oder man lässt den Gedanken auf sich ruhen und setzt einfach zu einem leichten Lächeln an: „Ach, so schlimm ist es gar nicht, gibt Wichtigeres da draußen.“
Genau dieses Gefühl des „Scheiß drauf, das Leben geht weiter“ vertonen Frightened Rabbit auf „The Winter Of Mixed Drinks“ auf geniale Art und Weise. Bereits „Things“, der Opener, ist eine mitreißende Hymne an die große Liebe und eine Kampfansage an all die überflüssigen Dinge da draußen – bis hin zum eigenen Körper. Charmant schottisch präsentiert das Quintett ein Album wie aus einem Guss, das thematisch die kleinen und großen Dramen der Menschen und ihrer Umwelt behandelt. Ungemein unaufgeregt kommt die Musik daher, bunt und reichhaltig zwar, aber nie abgehoben. Vielleicht muss man im rauen Norden geboren sein, um solch eine gesunde nüchtern-trotzige Einstellung gegenüber dem Leben entwickeln zu können. Eine Liebeserklärung an das Meer („Swim Until You Can't See Land“) darf natürlich ebenso wenig fehlen wie die Geschichte des Betrunkenen, der sich im Suff in den Fuß schoss („FootShooter“).
Schottland hat sich in den letzten Jahren zu einer regelrechten Hochburg des smarten Indie-Rock entwickelt, und das nicht zuletzt dank Frightened Rabbit. Trotz ihrer erst drei Alben beweisen die Jungs aus Selkirk auf ihrem jüngstem Werk eine immense Reife. Klar, melancholisch wird’s auch manchmal: „Nothing Like You“ beispielsweise behandelt das Thema Krebs, aber die Sensibilität, mit der dieses musikalisch und textlich aufbereitet wird, ist bemerkenswert. So bleibt einem nichts weiter zu tun, als seinen Hut vor dem Album zu ziehen, in den Sessel zu sinken und die süß-sanfte Droge Musik in Form von „The Winter Of Mixed Drinks“ auf sich wirken zu lassen.
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