Konzertbericht

Frightened Rabbit


An manchen Tagen ist es schwer zu entscheiden, wo man seinen Abend verbringen wird. Erst recht an einem Mittwoch im April, an dem die Bayern ihr Spiel des Jahres gegen Manchester United austragen und ganz Deutschland plötzlich den sonst so umstrittenen Münchenern die Daumen drückt. Während Ribery, Robben & Co auf der Insel dem runden Leder hinterherjagen, haben sich fünf andere Briten im Gegenzug nach Berlin begeben: Frightened Rabbit aus Schottland treten am selben Abend im neuen Magnet auf. Letztlich ist es eine Bauchentscheidung, auf den Fußball zu verzichten und zum Konzert zu gehen – auch auf die Gefahr hin, als einziger dort aufzukreuzen. 

Doch die Bedenken sind unbegründet, der fast schon intime Konzertraum des Klubs füllt sich gut. Offensichtlich gibt es genügend Menschen, die mit Fußball nicht so viel anfangen können. Dabei hätte man statt der Vorband gut und gerne die erste Halbzeit übertragen können, denn die Musik von „State of Mind“ klingt wie eine Arctic-Monkeys-Platte, die versehentlich bei 33 statt 45 Umdrehungen abgespielt wird: lahm und uninspiriert. Angereichert mit einigen geklauten Riffs lässt sich ein Bekannter zum einzig passenden Kommentar hinreißen: „Es wäre schön, wenn die Vorbands auch mal die Musik des Main-Acts hören würden.“ 

Aber Schwamm drüber, in jenem Moment, in dem sich Frightened Rabbit das erste Mal blicken lassen, ist der Support schon wieder vergessen. Stilecht, jeder mit einer Flasche Cider in der Hand, betreten die fünf Musiker die kleine Bühne des Clubs. Ohne große Umschweife beginnt das Quintett sein 90-minütiges Set mit „Skip The Youth“. In der Folge wechseln sich Klassiker wie „Keep Yourself Warm“ und Songs vom aktuellen Album durchgehend ab. Bemerkenswert voll klingt der Sound, den Frightened Rabbit auf die Bühne zaubern, obwohl sie – anders als auf dem Album – keine Streicher dabei haben. Aber sie wissen sich mit drei Gitarren und zwei Keyboards ganz gut zu helfen. 

Neben Unmengen an musikalischem Equipment haben die Schotten auch ihren Charme mitgebracht: „Tomorrow, we have a day off in Berlin. Do you have any tips where we can go drinking?“, fragt Sänger Scott Hutchison unschuldig ins Publikum, um kurz darauf mit einem verschmitzten Lächeln zu ergänzen : „No wait, we just can drink on the streets. We did that before.“ 
Zwischendurch dankt er immer mal wieder dem Publikum für seine bloße Anwesenheit, ansonsten verzichtet er aber auf große Worte und schont seine Stimme lieber für die Songs. Die passen ungemein gut zueinander, aber – ähnlich wie auf den beiden Alben der Band – es bleibt kaum ein einzelner Song hängen. Eine Ausnahme bildet „Poke“, welches Hutchison als erste Zugabe alleine mit Akustikgitarre spielt. 

Was zählt, ist der Gesamteindruck, und der fällt rundweg sehr gut aus. Kraftvolles Drumming, Backing-Vocals von gleich drei Bandmitgliedern und eine energiegeladene, aber nie übertriebene Show sorgen für viel Applaus und jede Menge Schweiß; vielleicht machen Frightened Rabbit die langsamste noch tanzbare Pop-Musik der Welt. Einziges Manko des Abends ist der mäßige Sound der Location. Aber eine Band, die selbst auf einige ihrer besten Songs wie „Floating In The Forth“ und „Fast Blood“ verzichten kann, ohne dass es den Gesamteindruck trübt, lässt sich dadurch nicht stoppen. Und wenn dann parallel zur ersten Zugabe die SMS mit dem Inhalt „Ahhhhhhhhhhhhh, 3:2, Bayern weiter =D“ eintrifft, ist der Abend eh perfekt.

Photo by Mischa Karth

Mischa Karth