Rezension

Frank Turner

Love, Ire & Song


Highlights: I Knew Prufrock Before Got Famous // Reasons Not To Be An Idiot // To Take You Home // Long Live The Queen
Genre: Singer/Songwriter
Sounds Like: Billy Bragg // Chuck Ragan // Flogging Molly

VÖ: 24.07.2009

Eine aktuelle BILD-Umfrage weiß: Die drei Menschen, die die Deutschen (beziehungsweise die, die BILD lesen) am liebsten als Gäste am Weihnachtstisch sitzen hätten, sind George Clooney, Mario Barth und Barack Obama. In einer ähnlichen Umfrage unter Musikfreunden, die jemals eine CD von Frank Turner gehört oder Zeuge eines seiner Auftritte geworden sind, wäre vielleicht der junge Brite zum Sieger erkoren worden: Der kann vielleicht nicht stundenlang Proletenwitze über seine Freundin reißen oder die Herzen von Mittvierzigerinnen zum Schmelzen bringen, aber ist einfach einer der vielleicht sympathischsten und authentischsten Menschen, die die britische Musikszene zur Zeit her gibt - und könnte dazu noch Lieder unter dem Tannenbaum zum Besten geben, die ebenfalls diese Qualitäten aufweisen.

Da diese Erkenntnis sich in Deutschland jedoch erst nach seinen Auftritten als Support von The Gaslight Anthem breit gemacht hat, erblickt neben dem aktuellen Werk "Poetry Of The Deed" zudem noch das in England bereits 2008 veröffentlichte "Love, Ire & Song" dieses Jahr endlich das Licht deutscher Plattenregale - glücklicherweise, erhält man so doch unter anderem eine weitere musikalische Kollektion an rustikalen Lebensweisheiten, die man seinen Freunden in's Poesiealbum schreiben könnte, wenn sie dieses nicht zu Beginn ihrer Adoleszenz gegen einen Sixer Bier eingetauscht hätten. Den Beginn des tollen "Reasons Not To Be An Idiot" in etwa, das jedem noch so mürrischen Miesepeter das Selbstmitleid aus dem Gesicht ohrfeigt: You're not as messed up as you think you are, your self-absorption makes you messier. Just settle down and you will feel a whole lot better, deep down you're just like everybody else. Eine lyrische Meisterleistung ist das alles nicht - aber dafür umso ehrlicher und glaubwürdiger.

Auch musikalisch erfindet Frank Turner natürlich das Rad nicht neu - Songs, die immer auch alleine auf einer Akustikgitarre funktionieren würden (siehe auch den Titel der ersten EP "Campfire Punkrock") werden von einer Band begleitet, die eher Turners aktuellem Gefallen an Folkmusik der Insel als seinen Punkwurzeln in der Combo "Million Dead" entspricht: Durch seine Streicher klingt "Long Live The Queen" fast schon etwas irisch, auch "Photosynthesis", eine der Singles des Albums, schaltet fast unmerkbar den Schunkelmodus ein. Ansonsten ist auch "Love, Ire & Song" nicht mehr als ein typisches, aber gutes Album eines Songschreibers, der ein paar Musiker um sich geschart hat - jedoch eins, das dank Frank Turners schulterklapsender Lyrics der vielleicht liebste Begleiter aus diesem großen Haufen werden kann, eins, für den man ihn auch gerne zum Weihnachtsessen einladen würde. Oder vielleicht doch lieber in die Kneipe, denn: After all of the loving and losing, after all the heroes and the pioneers, the only thing that's left to do is get another round in at the bar. Amen. Und Prost, Frank.

Jan Martens

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