Rezension

Bright Eyes

Cassadaga


Highlights: Lime Tree // Four Winds // Soul Singer In A Session Band
Genre: Indiepop // Country // Folk
Sounds Like: Bob Dylan // Johnny Cash // Ryan Adams

VÖ: 06.04.2007

Was Superman für Metropolis und Otti Fischer für Bad Tölz, das ist Conor Oberst für die Indie-Szene: Der Held, den (fast) alle mögen. Als er 2005 gleich zwei Alben auf einmal veröffentlichte, da bekamen beide nur Lob. Und um es vorweg zu nehmen, bei Cassadaga wird es nicht anders sein.

Die Aufmachung ist schon bemerkenswert. Das Cover wirkt wie eine Bildstörung aus grauen und schwarzen Strichen, aber der beigelegte "Spectral Decoder", der an ein YPS-Gimmick erinnert, enthüllt so einiges: Pyramiden, Palmen, Sterne, einen Kometen und allerhand Schriftzüge in verschiedenen Sprachen. Ein Grund mehr sich diese CD im Original zu kaufen anstatt es sich irgendwo runter zu laden. Oberst widmet "Cassadaga" einer verstorbenen Musikerin, die bei Liveauftritten seiner Band die Harfe spielte.

Der Opener "Clairaudients (Kill Or To Be Killed)" ist mal wieder etwas sonderbar, eine Frau erzählt etwas über Cassadaga, einen Ort in Florida, zu leichter Musik. Dazwischen singt Oberst über den heiligen Krieg und Peter Pan. Richtig los geht es erst bei "Four Winds". Violine und andere Streichinstrumente leiten einen beschwingten Song ein, dessen Text doch viel düsterer ist, als die Melodie einem weiß macht. Oberst ist also ganz der Alte. Manche Songs klingen mehr nach Hillbilly, andere sind ruhige Folkballaden, elektronische Lieder wie auf "Digital Ash In A Digital Urn" sucht man vergebens. Doch die Musik ist nicht das einzig Entscheidende, was ihn so besonders macht.

Oberst erzählt in seinen Texten Geschichten, bei denen der Wunsch wächst, neben ihm am Lagerfeuer oder irgendwo auf einem Berg in der Sonne zu sitzen. Als Johnny Cash 2003 verstarb, da riss sein Tod eine große Lücke in die US-Country-Szene, in der Cash als der Man in Black immer eine Besonderheit war und gerade in seinen letzten Lebensjahren mit der American Recordings-Reihe zahlreiche Indie-Fans begeisterte, mit Coversongs, aber vor allem interessanten und schönen Texten. Auch wenn Oberst sich weit ruhiger zeigt, scheint er diese Lücke zumindest teilweise schließen zu können.

08/15-Murks sucht man vergebens. Da heißt es "I had a lengthy discussion about The Power Of Myth / With a post-modern author who didn't exist" im lyrisch wunderbaren "Soul Singer Of A Session Band" und das klingt so philosophisch, dass man sich nicht mehr traut auf MTViva zu zappen - aus Angst vor lauter Casting-Schrott gleich wieder zu verblöden. Das Spannende an Oberst ist sein Alter. Gerade mal 27 Jahre ist er alt. Der letzte Sänger, der in diesem Alter bereits derartige Souveränität an den Tag legte, war einst Bob Dylan. Mit ihm wird Oberst ja sehr gerne verglichen. Mit jedem weiteren Album auf diesem Niveau werden diese Fußstapfen kleiner.

Martin Korbach

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