Rezension

Long Distance Calling

Long Distance Calling


Highlights: Into The Black Wide Open // Invisible Giants // Arecibo (Long Distance Calling)
Genre: Prog-Rock // Post-Rock
Sounds Like: Russian Circles // Gifts From Enola // Del Rey // Isis

VÖ: 18.02.2011

Halb scherzhaft und halb hoffnungsvoll hieß es in unserer Rezension zu “Avoid The Light” an dieser Stelle vor zwei Jahren, Long Distance Calling sollten gefälligst Shows für Russian Circles eröffnen. Am Arsch, Barnard! 2011 sind Gigs der Münsteraner in mittelgroßen Clubs ausverkauft, als Support lässt man schon mal Maybeshewill aus dem Vereinten Königreich einfliegen und die Presse fetzt sich darum, die Tour zum dritten Album zu präsentieren.

Dass dieses nun den Namen der Band trägt, ist nicht nur seinem Konzept vom Universum und der Rolle des Einzelnen in ihm geschuldet – es ist die Platte, für die diese Band mit ihrem Namen einstehen kann. Die, deren Sound schon immer das Ziel war. Heißt: Spielfreudiger Instrumental-Rock, gern bleischwer, hochdynamisch und – betonter als auf den zwei Vorgängern – mächtig rifflastig. Indiekids und Metalheads, bitte durchwinken! 2011 brauchen Long Distance Calling keinen Kurt Ebelhäuser, um eine perfekt fließende, kühn arrangierte Platte zusammen zu doktern.

Highlights zu nennen ist da fast müßig, so homogen und kohärent türmt sich „Long Distance Calling“ auf. Immer erhaben und kraftvoll, dafür ohne überzogene Spannungsbögen. Die Münsteraner lenken ihre Tracks immer wieder in neue Richtungen, liefern zuverlässig Unvorhersehbares. Längen? Murks, wir sind hier nicht im Post-Rock. Stattdessen trumpft die Band mit Rhythmusparts, auf die auch Tool stolz wären („Timebends“) oder bretthartem Riffmetal, der keine Geiseln nimmt („Arecibo (Long Distance Calling)“). Dabei blitzen immer wieder kleine, fast klassische Rock-Licks auf, die zusammen mit sphärischer Elektronik-Zierde diesem Drittwerk sein Sahnehäubchen aufsprühen.

Nicht zu vergessen: „Middleville“. Gemäß der Bandtradition ziert einen Song pro Platte ein Gastsänger – und das ist dieses Mal John Bush, früher bei Anthrax, jetzt bei Armored Saint. Ob der Gesangsstil des Metalhühnen einem nun zu pathetisch ist oder nicht: Der düstere, melancholische Koloss webt sich stimmig in den Strom der Platte ein. „Beyond The Void“ holt dann noch einmal mächtig Luft und macht den Laden mit epischem Aufbau und massiven Gitarren dicht.

Mit dem Teufel müsste es zugehen, wäre Long Distance Calling nach dieser Platte kein Stammplatz unter der Weltelite des Instrumental-Rock reserviert. Grund für Freude im Land! Da draußen dürfte niemand sein, der diesen Fünf den ganz großen Sprung nun nicht mehr gönnen würde. Okay, außer vielleicht Russian Circles.

Gordon Barnard

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