Rezension

Jimmy Eat World

Chase This Light


Highlights: Big Casino // Firefight // Be Sensible
Genre: Powerpoprock
Sounds Like: Dashboard Confessional // The Get Up Kids

VÖ: 19.10.2007

Dass sich Geschwister im Kindesalter gerne einmal streiten, ist nichts Neues. So auch Ed Linton und sein älterer Bruder, Jim. Aufgrund seines Alters ist Jim natürlich Ed gegenüber körperlich im Vorteil und kann ihn daher auf jede Art quälen, die einem Kind so einfällt: Ärgern, verkloppen, Spielzeug wegnehmen. Für seine Rache flüchtet sich Feingeist Ed in die Malerei und zeichnet ein diffamierendes Bild, auf dem Gierschlund Jim die ganze Welt verschlingt. Über die künstlerischen Qualitäten dieses Bildes ist nichts bekannt, doch diente es Tom Linton, dem dritten Bruder im Bunde, als Inspiration für den Namen der Band, der er später als Gitarrist beitreten sollte. Jimmy Eat World.

Und in den mittlerweile 14 Jahren Bandgeschichte ist bei Jimmy Eat World so einiges passiert. Zusammen mit Bands wie Sunny Day Real Estate waren "Static Prevails" und "Clarity", das zweite beziehungsweise dritte Album des Quartetts aus Arizona, der Grundstein der sogenannten Emo-Musik, "Blister" war die Hymne einer Bewegung, die sich fragte: How long will it take me to walk across the United States all alone? The West Coast has been traumatized and I think I'm the only one still alive.

Seit "Clarity" hat sich jedoch einiges geändert; wir schreiben das Jahr 2007 und "Chase This Light" heißt das neueste Werk. Exemplarisch zeigt spätestens "Firefight", der vorletzte Track des Albums, an, was genau anders läuft. Zum Einen scheint sich seit 1999 und "Blister" die Anzahl der überlebenden Amerikaner immerhin verdoppelt zu haben, da laut Refrain immerhin "except you and me (...) no one else alive" sei. Zum Anderen ist "Firefight" einer der Songs, die die Entwicklung von Jimmy Eat World hin zum powerpoppigen Stadionrock deutlich machen, welche sich in relativ simplen Songstrukturen inklusive eingängiger Sing-Alongs manifestiert, die wie in "Let It Happen" oder "Electable" auch einfach mal nur aus aneinandergereihten Silben wie "Ha-haha-haha-hahaha" oder "O-O-OO-O-OO" bestehen können. In Stücken wie "Carry You" wird das "power-" aus dem "power-poppig" gestrichen, die bandtypischen Balladen dürfen ebenfalls nicht fehlen, auch wenn "Be Sensible", der schönste Vertreter dieser Gattung, als Bonustrack verbraten wurde.

Emo-Fans der ersten Stunde mögen über den massentauglichen Entwicklungsgang weinen (aber tun sie das nicht sowieso ständig? Höhö...), doch solange trotzdem eine durchschnittliche Qualität gewahrt bleibt - who cares? Schmalz und Plattitüden werden weiterhin größtenteils anderen überlassen, von einer fetzigen Single wie "Big Casino" wünscht man sich immer noch ohne Einschränkungen, dass sie 95% der Radio-Playlists auf ewig aus dem Äther verdrängt und solange Sänger Jim Adkins nicht irgendwann davon singt, ein Rockstar sein zu wollen, der 15 Autos besitzt, ist sowieso noch alles in Butter. Es ist nun einmal so: Viele Wege führen zum Stadion, und Jimmy Eat World nehmen wenigstens nicht den durch die Gosse.

Jan Martens

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