Interview

Olli Schulz


"Sex, Drugs & Rock'n'Roll - und ich mittendrin mit meinem Bier!"

Du bist jetzt mit den Weakerthans auf Tour. Hat der Rest des Grand Hotels (Thees und Marcus sind große Weakerthans-Fans) dich dazu geprügelt?

Olli: Nein. Das ist so, dass Marcus Wiebusch vom Grand Hotel, der bei Kettcar singt, der hat die erste Tour für die Weakerthans organisiert. Und ich bin früher oft die Bands, für die Marcus die Tour organisiert hat, gefahren. Und die Weakerthans hab ich nun schon zwei- oder dreimal gefahren, wir sind wirklich schon gut befreundet. Das sind schon Leute mit denen man E-Mail-Kontakt pflegt und sich sehr gut versteht. Weil das sehr angenehme Zeitgenossen sind, die sehr ruhig sind, keine Starallüren haben und die auch wollten das ich dabei bin.

Heute Abend sind auch noch One Man And His Droid dabei.

Olli: Das sind Freunde von Phillip, von dem Booker. Das ist eine Band, die gerade ihre Platte rausgebracht haben und die passen auch ganz gut in den Kontext. Ich hab die nur einmal gehört, aber ich finde das glaub ich ganz gut.

Du hast auch vor kurzem die Helden supportet. Wie war das in so riesigen Hallen?

Olli: Das waren riesen Hallen. Teilweise war es sehr anstrengend, weil ich das erste Lied alleine mit Akkustikgitarre spiele und dann gehe ich auf die Bühne und dann stehen da 3.500 Leute. In Wien zum Beispiel war's ausverkauft, keiner kennt mich und alle brüllen mir entgegen:"Wir wollen die Helden sehen, wir wollen die Helden sehen!" Und dann stehst du da mit deiner Holzgitarre und denkst dir: "Was machst du denn jetzt?" Und dann ist das schon eine Aufgabe, das Publikum von einem zu überzeugen und das hat schon sehr viel Arbeit gekostet. Danach war ich mit Paul Weller noch auf Tour. Und da war es ein ganz anderes Publikum, aber immer eine reizvolle Aufgabe.

Jetzt wo das Album draußen ist und die Hallen größer werden: Sehen die Shows noch so aus wie früher oder legt ihr den Schwerpunkt eher auf das Album?

Olli: Also wir spielen viele Songs, aber das Reden werde ich immer beibehalten, dafür rede ich einfach zu gerne auf der Bühne. Das ist auch eine Leidenschaft von mir die Leute zu unterhalten. Ich werde auch neue Geschichten erzählen, das ist ja ein neues Programm.

Wie bist du zum Grand Hotel gekommen? Stimmt diese Saufgeschichte mit...

Olli: Ne, gar nicht! Bei mir ist das so, dass ich mit Marcus seit zehn, zwölf Jahren schon befreundet bin und bei "But Alive" oft mit war auf Tour. Marcus hat mir eigentlich das Gitarrenspielen beigebracht. Wir haben uns mal getroffen, sind in's Kino gegangen oder so und dann hat er mir halt immer ein, zwei Akkorde beigebracht. Nachdem ich drei Akkorde auf der Gitarre konnte, hab ich sofort angefangen Lieder zu schreiben, weil ich schon immer großer Musikfan war.

In den Medien wird halt gerne die Thekengeschichte erzählt.

Olli: Ja, die Thekengeschichte. Trinken gehen wir natürlich alle auch mal, aber Thees kenn ich schon drei, vier Jahre, Marcus kenn ich schon zehn, zwölf Jahre, Reimer kenn ich vier, fünf Jahre. Das ist schon mehr so eine Freundschaft. Marcus hat mir halt angeboten, wenn ich ne Platte aufnehme und die ihm gefällt, dann bringt er die raus. Ich hatte vorher schon überlegt eine Platte rauszubringen, was aber nicht so leicht ist, weil viele Leute wollten das ich eine Blödel-Platte rausbringe, nur mit witzigen Liedern. Das wollte ich aber nicht, weil ich finde, das Humor auf einer Platte sich immer ganz schnell abnutzt. Du hörst eine witzige Sache zwei-, dreimal und dann ist es vorbei. Deswegen hab ich die richtigen Leute gesucht. Und da hab ich zum ersten Mal Leute gehabt die das verstanden haben und deswegen hab ich das mit dem Grand Hotel gemacht.

Du hast es jetzt schon angesprochen: Bei witzigen Texten besteht immer die Gefahr der Abnutzung. Wie bist du an das Album rangegangen, dass es noch lustig bleibt, aber das nicht passiert?

Olli: Ich habe ganz viele Songs nicht aufgenommen, die ich live spiele und witzig sind. Dadurch das ich sie nicht auf Platte gepackt habe, habe ich immer noch die Möglichkeit die live zu spielen und viele kennen die nicht und dann ist es lustig. Ich hab auch immer schon ernstes Gut geschrieben, aber ich halte mich nicht für den besten Musiker und ich habe sehr lange gezögert ob ich das machen soll. Aber irgendwann hab ich dann Max, der bei mir Gitarre spielt und Swen Meyer, der meine Platte produziert hat, kennengelernt und die fanden das auch gut. Und da haben wir halt gesehen: Du hörst dir ein trauriges oder ein schönes Lied, was dir ein bißchen was bedeutet, öfter an als einen Gag.

Ein Livesong heißt "Keiner will mit mir in einer Band spielen". War das wirklich so?

Olli: Am Anfang war es so. Ich wollte in einer Band spielen, konnte aber nur lausig Gitarre spielen. Dann waren wir ein paar Leute die uns immer verabredet haben und dann stand ich alleine im Übungsraum und irgendwann habe ich das Lied geschrieben. Es war nicht so drastisch das alle gesagt haben: "Nein!" Alle fanden es ganz witzig, aber keiner wollte mit mir Musik machen, mit denen ich das wollte. Es wollten immer nur Leute mit mir Musik machen, mit denen ich das wiederum nicht wollte.

Das Grand Hotel steht für Qualität und nicht für kommerziellen Ausverkauf. Auch ein Grund dort die Platte zu veröffentlichen?

Olli: Deswegen bin ich ja auch bei diesem Label. Beim Grand Hotel hab ich halt noch die Möglichkeit eine zweite Platte aufzunehmen oder eine dritte. Hätte ich bei einer größeren Plattenfirma aufgenommen, ich hätte sogar das Angebot gehabt, wäre es so gewesen: Wenn die gefloppt wäre, wäre ich weg gewesen und die Karriere vorbei. Ich möchte halt immer die Möglichkeit haben Msuik zu machen, ohne die Ambition im Rampenlicht stehen zu müssen. Das ist ideal beim Grand Hotel. Du hast da halt niemanden im Nacken der dir sagt: "Hey, was hast du verkauft?" Da wird man nach einem Konzert eher gefragt: "Ey, bist du noch nüchtern?"

Wie ist das Album bis jetzt gelaufen?

Olli: Das läuft glaube ich erstaunlich gut. Das läuft viel übers Internet, über den Shop vom Grand Hotel van Cleef oder bei Amazon war ich voll lange auf 120 in den Verkaufscharts, was schon voll gut ist.

Ihr habt jetzt auch ein Video gedreht.

Olli: Marcus' Idee war das. Ich weiß nicht wie das werden soll, aber ich bin gespannt. Ich wollte erst kein Video machen, weil ich erstmal finde, dass es zuviel schlechte Videos gibt und man kann sich seinen Fankreis auch so erspielen, ein Video ist gar nicht so wichtig. Dann hat Marcus aber gemeint: "Doch, du musst ein Video haben, das ist super." Der hat auch Lust darauf gehabt das zu machen. Dann haben wir halt ein kleines Video am Strand gedreht, wo ich mit Max und Andrè spiele und wir werden die gesamte Zeit von so einem Eisbären verfolgt, von diesem Grönemeyer-Eisbären. Unserer sieht aber so aus als wenn er auf Ecstasy ist oder so. Total irre! Der verfolgt uns und rennt uns die ganze Zeit hinterher und wir wollen immer weg und zum Schluss freunden wir uns mit ihm an und er darf mitspielen.

So ein Low-Budget Video von einem deutschen Künstler läuft doch höchstens bei MTV Spin oder Fast Forward.

Olli: Das sind auch die beiden einzigen, wo wir überhaupt damit rechnen, dass sie laufen werden. Was anderes rechnen wir auch gar nicht mit.

Zu welchem Lied habt ihr das Video gedreht?

Olli: Der Moment.

Wenn ihr jetzt "Küss mich schnell bevor du platzt" genommen hättet, wäre die Wahrscheinlichkeit doch größer geworden, bei MTV öfter gespielt zu werden.

Olli: Wegen Nora?

Genau!

Olli: Aber genau das will ich halt nicht. Nora Tschirner ist auch wirklich eine Freundin von mir, die hab ich nicht dazu geholt damit ich einen Promi-Bonus hab. Wir haben es auf der Platte nur ganz klein geschrieben. Weil ich es doof fände, wenn dahinter jetzt stehen würde "feat. Nora Tschirner". Das wollte ich nicht.

Wo und wie hast du Nora kennegelernt?

Olli: Ich hab mal in Berlin gespielt und da war Nora im Publikum. Und dann kam sie danach zu mir und meinte, dass sie das ganz phantastisch fand. Und dann haben wir geredet und sind abends noch trinken gewesen und dann haben wir uns öfters wieder getroffen, weil ich in Hamburg wohne und sie in Hamburg beim Theater gespielt hat. "Trainspotting" hat sie gespielt. Und dann waren wir mal abends weg und dann hab ich sie gefragt: "Hast du Lust einen Dialog morgen mit mir zu sprechen?" Und da hat sie ja gesagt. Ich finde sie hat eine total charmante Stimme, das hat total gepasst.

Hamburg ist zur Zeit irgendwie das Zentrum der deutschsprachigen Musik. Nicht nur die ganze Indie-Elite, auch an HipHop kommt viel aus Hamburg. Warum bringt diese Stadt so viele gute, deutschsprachige Musik hervor?

Olli: Meine Theorie warum die meisten Bands aus Hamburg kommen ist das Hamburg eine ziemlich entspannte Stadt ist. Auch wenn so viele Musiker da herkommen, gibt es kein Bremsdenken. Jeder hat seine Freiheit, es wird kein Druck ausgeübt. Du kannst in Hamburg dich ganz entspannt hinsetzen, Musik machen und die irgendwann rausbringen. Ich bin echt glücklich das ich da wohne. Alle feiern immer ihre Heimatstadt so ab, ich will jetzt nicht sagen, dass Hamburg die tollste Stadt der Welt ist, aber zum Musikmachen ist es eine tolle Stadt, weil du ganz viele Musiker kennenlernst, aber nicht nur über Musik redest.

Du hast in Hamburg den Ruf deine Gage noch bis...

Olli: (schüttelt abwehrend die Hände) Das ist nur eine blöde Legende! Ich hab einmal die Gage von 100 Euro an einem Abend versoffen. Und dann hat Marcus am nächsten Tag auf der Bühne in Hamburg erzählt: "Money Left To Burn" widmen wir Olli Schulz. Und dann waren wir auf Tour und ich hab 10 Euro in so einen Dattelautomaten geworfen und hab 90 Euro gewonnen, da waren die alle neidisch. Das erzählt er natürlich nicht. Ich bin gar nicht so dem Alkohol verfallen, das meiste Geld geb ich immer noch für Platten und CDs aus.

Was war die letzte?

Olli: Die letzte war Bonnie Prince Billy. Eine Live-CD.

Und sonst so im Moment?

Olli: Maritime hör ich im Moment ganz viel. Das ist die neue Band von dem Sänger von The Promise Ring. Der hat ne neue Band gemacht, die find ich tierisch! Die gibt es leider noch nicht, viellleicht macht Grand Hotel van Cleef die, aber darf ich noch gar nicht verraten.

Das Artwork der Platte, war das deine Idee?

Olli: Das war meine Idee. Das Ding war das ich eine Platte machen wollte die sich ein bißchen unterscheidet, weil ich finde, dass das meiste auf der Platte sehr ehrlich ist. Ich wollte es ein bißchen kindlich halten. Ich mag Tiere unheimlich gerne, ich bin ein Tierfreund. Und Tiere sind Lebewesen die sehr ehrlich sind und einen Charakter haben der nicht verstellt ist. Ich habe selber einen Hund und eine Katze, die lieb ich über alles. Ich wollte das es aussieht wie ein Kinderbuch, weil alles andere gibt es schon. Viele finden das hässlich, aber ich finde das gut so. Das ist ein Tierlexikon aus den 60'er Jahren. Das hab ich mit meiner Freundin als wir spazieren gegangen sind auf dem Flohmarkt gesehen. Dann hab ich den Typen versucht zu erreichen der das gemalt hat, von dem hätte ich die Rechte bekommen müssen. Der ist aber schon tot! Die Freundin von Marcus, die das Artwork zusammengestellt hat, hat dann seine Frau angerufen, die hat mir dann einen Brief geschrieben, dass das völlig okay ist, wenn ich das benutze. Das war ganz lieb.

Der Titel "Brichst du mir das Herz, dann brech ich dir die Beine" zeigt den Ernst aber auch die Ironie des Albums.

Olli: Ja. Ich hätte nie eine Platte aufgenommen, wenn ich nicht damals eine Trennung von einer Freundin gehabt hätte. Ich wollte nicht unbedingt Musiker werden. Bei mir sind so ein paar Sachen im Leben passiert, die nicht so schön waren, auch Todesfall und sowas alles. Irgendwann ist man dann auf und hat keine emotionale Grenze mehr. Dann denkt man: "Scheissegal! Ich nehm jetzt eine Platte auf, egal was die Leute darüber denken." Es ist eine Anspielung darauf, dass ich was verrücktes mache wenn man mir wehtut. "Brichst du mir das Herz, dann nehm ich dir ne Platte auf", so hätte ich die Platte auch nenen können.

Du schreibst im Booklet ein bißchen über deine alten Jobs. Da steht, du kannst den Stagehand-Job keinem empfehlen. Jetzt stehst du genau auf der anderen Seite. Wie ist das Gefühl?

Olli: Da ich deren Seite kenne, kenne ich deren Job. Ich hab das neben dem Studium (Medienwissenschaften, 8 Semester) gemacht und dann hab ich das Studium abgebrochen und den Job weitergemacht. Die Geschichten sind alle wirklich passiert, da lernt man halt viel hinter den Kulissen kennen. Ich weiß wie erbärmlich das teilweise ist. Dann arbeitest du irgendwie für Mines Dean, das ist so ein Metalgitarrist aus Schweden, der kommt total auf Drogen auf die Bühne beim Soundcheck und wirft Plecks in die leere Halle und weiß gar nicht das da noch gar kein Publikum ist, weil er so auf ist. Dann geht der von der Bühne und der Tourmanager muss die wieder alle aufsammeln. Dann denkt man: Wie erbärmlich kann das sein?

Was ist denn Backstage bei Erasure so passiert?

Olli: Also das ist eine sehr abgefahrende Szene. Ich hab bei denen im Docks gearbeitet, das war so 96/97 und ich musste bei denen am Bühnengraben stehen. Da meinte mein Chef damals: "Wenn der Sänger auf die Bühne kommt nicht lachen! Fang nicht an zu lachen!" Jeder weiß ja die sind homosexuell, damit hat man ja auch gar kein Problem, das ist ja auch völlig normal. Dann kam er auf die Bühne im schwarzen Anzug und ich denk so: "Ist ja alles normal." Und dann guck ich nach unten und dann hatte der Lackpumps an. Es ist jetzt nicht feindlich gemeint gegen Homosexualität, aber es sah absurt und bescheuert aus. Ich weiß nicht ob ich so intim sein kann das zu erzählen. Wir haben das Konzert gemacht und danach gab es im Club neben dem Docks eine Aftershowparty von Erasure. Die war sowas von exzessiv! Ich bin da reingegangen und hab mein Bier getrunken und die waren schon sehr freizügig sich gegenüber. Das ist jetzt ein bißchen hart glaube ich, dass auf Tape alles aufzunehmen, deswegen würde ich das jetzt mal diskret beschreiben: Das war eine sehr exzessive Party mit ziemlich viel Drogen und ziemlich viel gleichgeschlechtlichem Sex, der mich damals im Alter von 22 doch verdammt irritiert hat. Das war so ein richtiges "Sex, Drugs and Rock'n'Roll"-Ding wo ich so mittendrin stand mit meinem Bier.

Wie geht es jetzt nach der Tour für dich weiter?

Olli: Die Tour läuft jetzt noch 17 Tage für mich. Und dann hab ich auch echt genug getourt dieses Jahr, glaube ich. Nächstes Jahr will ich im Frühjahr noch eine kleine Tour machen, wenn die Platte so gut läuft, dass die Leute das auch sehen wollen. Eine Einzeltour mach ich dann, weil ich hab eine Bühnenshow die so ein bißchen theaterangehaucht ist und die will ich machen.

Thees hat uns von den Plänen ein GHvC-Festival zu veranstalten erzählt. Wirst du da dabei sein?

Olli: Ich weiß nicht ob ich dabei bin, es werden vielleicht nur 3 Bands sein, das ist noch nicht raus. Aber das Grand Hotel Festival gibt es, aber ich weiß nicht ob ich dabei bin oder nicht. Was nicht wegen irgendwelchen Spannungen ist, sondern es sonst vier oder fünf Bands sind. Death Cab For Cutie spielen da, Marr spielen, die ihre Platte rausbringen, die sensationell gut ist. Swen Meyer hat die aufgenommen, die ist ein Knaller! Die ist wirklich super und die kommt im Frühjahr. Tomte und Kettcar spielen auch da und da würde ich vielleicht als erstes spielen und ich will nicht immer als erstes spielen. Vier Bands reichen auf nem Festival, da können die auch alle länger spielen.

Wirst du im Sommer auf Festivals zu sehen sein?

Olli: Würde ich gerne machen. Wenn es geht: Ja! Berlinova hab ich ja dieses Jahr schon gespielt, das war super. Und auf jeden Fall werde ich noch meine zweite Platte aufnehmen, ich hab nämlich ganz viele neue Lieder schon. Ich hab ja über die ganzen Jahre hinweg Songs geschrieben, eigentlich immer für mich, ohne die Ambition das ich Musiker werde. Jetzt hab ich halt ziemlich viel im Repertoire was noch ein bißchen ausgearbeitet werden muss.

Hast du keine Lust den "Schlepperkapitän" mal draufzupacken?

Olli: Ne, das ist eins von den witzigen Liedern die live gut kommen. Ich werde auch irgendwann mal ne Platte aufnehmen, nur meine Akkustikgitarre und ich, wo ich mal die ganzen bescheuerten Lieder spiele, aber nur auf Tape aufnehmen werde und die auf Konzerten verkaufen werde.

Auf der Platte ist eine Hommage an das gute alte Mixtape.

Olli: Ja, das Lied ist uralt. Damals hatte ich eine Freundin in die ich total verknallt war und dann haben wir uns immer Mixtapes ausgetauscht. Und irgendwann wollte ich ihr mal selber ein Lied aufnehmen und dann hab ich das mit der Akkustikgitarre auf so einen Aldi-Kassettenrekorder gesungen.

Wir haben uns ein paar Zitate aus deinem Album rausgesucht. Das sind die Titel der Mixtapes und du musst uns jetzt sagen was da dann drauf müsste. Das erste wäre: "Heut Nacht flieg ich über Dächer."

Olli: Da kommen dann so euphorische Sachen drauf. Da mach ich so Hymnensongs drauf. Da würde ich die Doves draufmachen mit "Pounding", auf dem neuen Ryan Adams Album ist der fünfte oder sechste Song auch so ein Hammer. Rockige Uptempo-Nummern, so "Rocket from the Crypt". Von der neuen Sophia würd ich da das erste Lied auch draufmachen.

"Sonntag morgen vorbei ist die Nacht"

Olli: Da nehm ich so ein bißchen verstörte Musik auf. Morgens hör ich gerne ruhige Musik, so Bonnie Prince Billy, Songs Ohia, sowas in der Art.

"Sex auf Drogen"

Olli: Sex auf Drogen? Da würd ich dann schon so verstörte Sachen aufnehmen, wenn das Mixtape "Sex auf Drogen" heißen soll. Ich bin nicht so Fan von Sex auf Drogen.

Dann lass die Drogen weg.

Olli: Sex? Dann nehm ich so ein bißchen funky Sachen auf, voll klischemäßig.

Ein Lied heißt "Rock'n'Roll Lifestyle". Wie hat sich dieser Lifestyle in den letzten Jahren verändert?

Olli: Ich hab Mitte der 80'er angefangen Platten zu kaufen und die damalige Zeit der Musik ist ganz anders. Früher gab es Rockstars! Es gab Leute die haben nach der Show ganz viele Drogen genommen und Frauen gehabt. Die haben ein exzessives Leben geführt und sind mit 50 gestorben. Heutzutage kannnst du als Musiker nicht mehr ein Rockstar sein. Wir leben in einer ganz anderen Zeit, wo Leute dich nicht mehr bewundern wenn du mit der Gitarre da stehst, sondern mit dir normal reden wollen. Früher gab es noch eine größere Erfurcht, heutzutage hat man ein gesünderes Bewusstsein dazu. Das ist mir aufgefallen. Ich hab halt viele Relikte bei Metalbands der 80'er noch mitbekommen, die im Docks gespielt haben, wo nur noch vor 400 Leute da waren. Great White hatten mal vor fünftausend Menschen gespielt und dann kommen nur noch 500 Leute, aber die benehmen sich immer noch so. Deswegen hab ich das Lied geschrieben. Ich find das halt schrecklich überheblich wenn Leute, die Lieder schreiben, jetzt denken sie wären besonders geil.

Mit was hat dein Musikdenken angefangen? Was waren so die ersten Platten?

Olli: Oh, miese Platten. Phil Collins war glaub ich die erste LP. Mit 11 oder 12 kann man es noch jemanden erlauben, dass er Phil Collins hört. Und dann hab ich irgendwann mit Metal angefangen. Ich war großer HeavyMetal Fan. Da hab ich Iron Maiden gehört und so ein Kram. Manchmal hab ich auch so peinliche Schwächen. Von Ronan Keating mochte ich ein Lied. Natürlich ist der Rest total eklig, dann nimmt der auch noch mit Jeanette Biedermann einen Song auf. Aber: Ein guter Song ist ein guter Song! Aber es gibt auch Sachen die lehne ich grundsätzlich ab. Ich könnte mir nie Korn anhören, die kann ich überhaupt nicht ab. Oder so Crossover-Scheisse, damit kann man mich jagen. Ich kann mir auch keine Limp Bizkit Platte anhören. System Of A Down find ich wiederum super. Und dieser Korn-Sänger mit seinen Depressionen: Es gibt soviele Hohlköpfe wo man denkt: "Der darf gar kein Musiker sein."

Findest du auch das es hier einen Amerika-Bonus gibt?

Olli: Es gibt einen Amerika-Bonus, ja. Einmal diese gesamten College-Bands: Die Goo Goo Dolls haben einmal damit angefangen und jetzt gibt es Live und Lifehouse und so. Das kann ich auch alles nicht mehr hören. Bei uns in Hamburg haben wir Delta-Radio, die spielen nur sowas. Aber als die erste Counting Crows rauskam fand ich die super, aber inzwischen gibt es soviele Bands, da kommt man gar nicht hinterher. Das das immer so vermarktet wird. Auch Offspring hatten 1994 mal einen Hit und dann wurde alles an Pop-Punk rausgehauen: Blink 182, Good Charlotte,...

Wie kamt ihr auf den Zusatz "Der Hund Marie"

Olli: Das ist Max´ Idee. Max schreibt selbst wunderbare Songs und bringt irgendwann eine Platte raus, die heißt wahrscheinlich "Der Hund Marie". Das ist sein Künstlername. Und nur Olli Schulz? Ich finde nicht gerade das ich den originellsten Namen habe. Ich heiß Oliver Marc Schulz, das ist echt so ein typisch deutscher Name. Und deswegen heißen wir "Olli Schulz & der Hund Marie".

Du hast Hund und Katze. Was magst du lieber? Das ist doch so eine Glaubensfrage.

Olli: Das ist eine Glaubensfrage, aber ich mag beides gerne. An meinem Hund mag ich das der unheimlich loyal und treuherzig ist und natürlich auch ein bißchen dumm. Ich hab einen Münsterländer und dann haben ich eine Katze und die ist ein Eigenbrödler. Ab und zu will sie mal gestreichelt werden. Ich mag beides gern: An Katzen mag ich ihren Eigensinn und an Hunden mag ich die Loyalität. Mein Hund würde jedem um den Hals springen.

Der würde nicht Kettcar-Reimer in die Nase beißen?

Olli: Nein, das würde er nicht tun.

Wo ist er während der Tour?

Olli: Bei meiner Freundin.

Ist das ein Problem, weil du manchmal so lang von Hund und Frau weg bist?

Olli: Manchmal ja. Aber ich werde nicht soviel touren das ich das ganze Jahr über weg bin. Weil ich auch noch andere Sachen mache nebenbei. Ich bin ja nicht nur Musiker, ich muss ja auch noch nebenbei mal ein bißchen Geld verdienen. Ich schreibe Hörspiele und Kurzgeschichten und mach halt sehr viel.

In welche Schublade würdest du dich denn selbst stecken? Siehst du dich in der Singer-/Songwriter Tradition, so zwischen Badly Drawn Boy und Paul Weller?

Olli: Würde ich so gerne sein, aber dafür bin ich zu schlecht. Aber schon eher denen verbunden als Mike Krüger.

Eigentlich ist das was komplett neues. Okay, letztes Jahr hat es noch jemand probiert, aber...

Olli: Wer denn?

Der Junge mit der Gitarre

Olli: Ja, der Junge mit der Gitarre weiß ich auch nicht. Ich hatte mich erst ein bißchen geärgert, weil meine Platte sollte schon vorher rauskommen. Und dann kommt der und macht halt auch so witzige Sachen. Und ich denk so:"Oh Mann. Wenn ich jetzt meine Platte rausbringe, dann werden mich alle mit dem vergleichen." Ich kenn ihn nicht, auch wenn er in Hamburg wohnt, aber der ist leider in so eine Schiene reingerutscht mit so Sachen wie Joachim Deutschland, den ich unerträglich finde.

Wo kommt der eigentlich her?

Olli: Keine Ahnung wo der herkommt, aber der soll da bleiben!

Zusammen mit Schill in eine Kiste! Kannst du uns ein bißchen was über die Schill-Sache in Hamburg erzählen?

Olli: Ja, also erstmal sind glaub ich alle in Hamburg froh das Schill weg ist. Wir haben auch alle hart gekämpft, ich wohn direkt am Schulterblatt im Schanzenviertel und es gab auch wirklich in der Hochzeit fast jeden Tag eine Demonstration. Ich habe selten so viele aktive Menschen gesehen. Wir sind selber rausgegangen. Ich will jetzt ganz ehrlich sagen, das ich nicht derjenige bin der mit der Fahne schwingend in der Demomenge ist, aber natürlich geht man mit raus und ist dabei. Ich kann das auch voll nachvollziehen. Wir haben ein Festival gespielt mit Fettes Brot, Bela B. und Kettcar zusammen gegen Schill. Schill ist einfach eine ganz große Witzfigur gewesen. Meine Sicht der Dinge ist, ist das ein Mensch, der wirklich so korupt und abgewichst war, Ole van Boyst mit so dreckigen Mitteln wie mit seiner Homosexualität in den Schmutz zu ziehen, wo er selber immer mehr fällt, einfach ein mieses Schwein ist. Das ist einfach ein charakterlich beschissener Mensch! Ich kann dir aber auch sagen warum der so erfolgreich war. Weil der rhetorisch halt gut reden konnte und der hat Sachen erzählt in Bergedorf, wo halt eine hohe Ausländerzahl ist und viele ältere Deutsche leben. Der hat genau den Leuten das um's Maul geschmiert was die hören wollten: Mehr Sicherheit, weniger Ausländer. Das hat der halt total ausgenutzt. Der ist an seine Stimmen gekommen, indem er mit den Ängsten von Menschen gearbeitet hat.

Carsten Roth

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