Rezension
Various Artists
100 Jahre Einsamkeit: Markus Detmer Plays Staubgold
Highlights: To Rococo Rot // Faust vs. Dälek // Norscq // Jasmina Maschina
Genre: Electronica // Krautrock // HipHop // Kosmische Musik
Sounds Like: To Rococo Rot // Von Spar // Kammerflimmer Kollektief // Harmonia
VÖ: 02.07.2010
„100 Jahre Einsamkeit“ überschreibt Staubgold seine 100ste Veröffentlichung – die dritte Ausgabe der Label-Compilation-Reihe „Plays Staubgold“ –, auf der Eigentümer und Gründer Markus Detmer seinen ganz eigenen Blick auf zwölf Jahre Staubgold präsentiert und zudem einen Ausblick auf die Entwicklung des Labels und zu erwartende digitale und Vinyl-Veröffentlichungen bietet. "Einsamkeit" trifft es dabei sehr gut, denn im Kern vertraut das Label, vertraut Markus Detmer auf die ambiente, experimentelle Seite elektronischer Musik, die weit weg ist von der kollektiven, ekstatischen Verbrüderung des Clubs. Aber dennoch vermögen die Stücke in ihrer treibenden Intensität ungemein zu fesseln. Dies gilt zumindest für die erste Hälfte der 21 Tracks, die in einem kontinuierlichen Sog mitreißen.
Mapstation bauen die Spannung auf, bevor Norscqs treibender, filmischer Dancefloor-Jazz die Sammlung in Fahrt bringt (ein Ausblick auf Staubgold Digital 3). Der erste ganz große Aha-Moment folgt mit To Rococo Rots „Autonachmittag“, einer meditativen Krautrock-Nummer in bester Harmonia-Tradition. Die Atmosphäre halten Reuber und Detmers eigenes Projekt Klangwart. Dagegen entführt uns Alejandro Franov vielstimmig in den „Sudan“ und auch Thilges laden ein zur auditiven Erkundung des Orients.
Detmers Mix rettet diese Erkundung hinüber in den verschachtelten Dub-Jazz-Electro der Flying Lizards, dem sich nahtlos Curse ov Dialect mit ihrem treibenden HipHop anschließen. „Missionaries“ funktioniert im Mix hier deutlich besser als im ursprünglichen, letztjährigen Albumkontext. Die Exil-karibische Passage komplettieren David Last vs. Zulu. Dagegen entführen Faust vs. Dälek in die düstere, industrielle Parallelwelt zwischen HipHop und Krautrock.
Damit endet die über jeden Zweifel erhabene erste Hälfte von „100 Jahre Einsamkeit“. Es folgt ein eher anstrengender Mittelteil und auch das Ende vermag nicht vollständig zu überzeugen. Zwar finden sich mit Heaven And oder Kammerflimmer Kollektief gute bis sehr gute Stücke und auch die Nummern von Leafcutter John und Sun haben ihre – zum Teil sogar nahezu atemberaubenden – Momente, doch fehlt das Geschlossene, das jedwede Gegenrede Ausschließende. Dies blitzt nur kurz mit Jasmina Maschina erneut auf – allerdings ist „Asleep (Minit Variation)“ dann tatsächlich zum Sterben schön.
Der Reichtum des Labels und seiner Veröffentlichungen wird vom Chef Markus Detmer gelungen eingefangen und in Szene gesetzt. Bedauerlich ist, dass nach einem außergewöhnlichen Start die Intensität nicht aufrecht erhalten wird. Nichtsdestotrotz ist „100 Jahre Einsamkeit“ – wie auch schon der Vorgänger „Rauschgold (Alec Empire plays Staubgold)“ eine famose Wundertüte für die Freunde experimenteller Electronica und ihrer Entwicklung von den späten 1990er Jahren bis heute.
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