Rezension

Touché Amoré

Stage Four


Highlights: Palm Dreams // Water Damage // Scyscraper
Genre: Post-Hardcore // Shoegaze // Emo-Punk
Sounds Like: La Dispute // Pianos Become The Teeth

VÖ: 16.09.2016

Wenn eine Band, die eine gewisse Zeit die Speerspitze eines von Erneuerung und Frische geprägten Hardcore-Subgenres bildete, mit „Stage Four“ die vierte Etappe ihrer Karriere ankündigt, darf man schon einmal interessiert aufhorchen. Die Herren aus L.A. liefern mit ihrer neuesten Platte große Gesten zu ergreifender Thematik, doch unter dem Strich enttäuschen sie.

Ja, man kommt nicht umhin zu erwähnen, dass es auf „Stage Four“ um Verlust geht, insbesondere denjenigen, den Sänger Jeremy Bolm mit dem Tod seiner Mutter zu bewältigen hat. Dies alleine ist ein rührendes Statement, das es zu würdigen gilt: ein Testament menschlicher Trauer und ihrer Bewältigung. Bedauerlicherweise breitet sich diese emotionale Bürde wie ein schwerer Schleier über Bolms Mitmusiker aus. Ihre um Harmonie bemühten Melodien wirken wie in zähflüssigen Honig getaucht. Alles erscheint gehemmt und träge.

Dabei lassen sich die großen Ambitionen der Band an vielen Stellen nachvollziehen. Die Post-Produktion ist aufwändig, das Klangbild ausgewogen, gleich mehrere Gastauftritte am Mikrophon machen größere Genre-Ausflüge möglich. Man muss bis zum Ende des Albums durchhalten, bis „Water Damage“ oder „Skyscraper“ andeuten, dass die Kalifornier auch jenseits des Hardcore eine Heimat finden könnten. Auf dem Weg dorthin begegnen einem jedoch überwiegend Songs wie „Benediction“, „Rapture“ oder „New Halloween“, die man ohne Bedenken als "gewöhnlich" bezeichnen darf. Universelle Themen verpackt also in universellem Gewand. Touché Amoré berauben sich so ihrer eigenen Ecken und Kanten.

Von der Wucht, mit der die Band einem auf „Parting The Sea Between Brightness and Me“ ihre Songs ins Gesicht schleuderte, ist daher leider nicht mehr viel übrig. Vielmehr entwickelt sich Bolm mehr und mehr zum Geschichtenerzähler, zu denen seine Band aus Elementen des Shoegaze, Emo-Punk oder Post-Rock einlullende Strukturen spinnt. Ob Touché Amoré nun gefangen sind in ihrem Vorhaben, emotional wahrhaftige Musik zu machen oder sich einfach bewusst einem breiteren Publikum öffnen wollen, bleibt nicht zu klären. Da sie drohen, sich dabei selber zu verlieren, überraschen die bislang überwiegend guten Kritiken zu dieser Platte.

Jonatan Biskamp

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