Rezension

The Strange Death Of Liberal England

Drown Your Heart Again


Highlights: Dog Barking At The Moon // Yellow Flowers
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Arcade Fire // Editors // The Twang // Get Well Soon

VÖ: 22.10.2010

Es weht ein strammer Gegenwind so manchem Liberalen, der dieser Tage die Geschicke des Landes lenkt. Könnte der doch nur lernen aus der Geschichte und gar der Musik des Vereinigten Königreiches! Die Annalen der Insel lesen sich doch als prächtiges Lehrbuch für den Liberalen hierzulande, welche beispielsweise den seltsamen Niedergang der Liberalen Partei vor Ausbruch des ersten Weltkrieges umfassen. Ein daraufhin verfasstes Buch mit dem Titel "The Strange Death of Liberal England" beschrieb jenen Niedergang. Ein paar Jahre später besingt nun die Band, welche genannten Buchtitel als unzugänglichen Bandnamen auserkor, den strammen Gegenwind und gibt gar praktische Handlungsempfehlungen: „Get Drunk And Drown Your Heart Again“ heißt es auf ihrem ersten richtigen Album, nachdem das 2007 erschienene und überzeugende Mini-Album „Forward March!“ laut Band diese Bezeichnung nicht verdient. „Get Drunk Again“? Auf die Gefahren der Alkoholsucht sei hier hingewiesen und ein liberaler Politiker würde sogleich Kosten für das Gesundheitswesen anführen, weswegen wir lieber bei der Musik verbleiben. Gerne würde man doch einmal mehr dem Rausch verfallen, eingängige Pop-Perlen Made in UK zu vernehmen. Noch dazu, wenn man weiß, dass die Band den Pathos mitbringt und mit ihm den Anspruch auf Größe, ein zerfallendes (Music-)Empire zu versinnbildlichen.

Heimisch ist die Band an der rauen und traumhaften Südküste Englands, genauer gesagt in Portsmouth, und die See bildet den thematischen Ausgangspunkt für die meisten ihrer Songs, zwischen Seemöwen und dem bunten Rummel am Pier sozusagen. Nur ist unverständlicherweise die Prise Folk, die vom Meer her in die Stimmung der früheren Songs wehte und auch das Raue der See neuerdings orchestraler Größe im Geiste der Arcade Fire und aalglattem Pop gewichen.

Von „schillernden Melodien“ und „unglaublichem Gefühl“ ist zu lesen und doch wirkt das an der Band wie der zu gut gemeinte Einsatz von Make-Up einer stolzen Lady. Grobmotorisch und überschwänglich klingt das emotionsüberladene „Rising Sea“ inklusive Spoken-Word-Einsatz am Ende. Dass viele der Songs dennoch intelligenter sind als vieles, was in Wellen über den Kanal herüber geschwemmt wird, mag verwundern. „Shadows“ oder das besinnliche „Yellow Flowers“ lassen aber erkennbar das Potenzial der Band aufblitzen und vor allem die gesanglichen Qualitäten von Sänger Adam Woolway zutage treten. „Dog Barking At the Moon“ ist am Ende der Platte doch ein sehr, wenn nicht das versöhnliche Highlight der Platte, für welches es sich schon alleine lohnt, den Einheitsbrei der meisten anderen Songs und das Krähen der Möwen über sich ergehen zu lassen.

Achim Schlachter

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