Rezension

The Spinto Band

Nice And Nicely Done


Highlights: Did I Tell You // Mountains
Genre: Indiepop
Sounds Like: Architecture In Helsinki // Clap Your Hands Say Yeah // Arcade Fire

VÖ: 07.04.2006

„Madame, Monsieur, daarf isch fragön, siind Siie värliebt?“ „Aber ich bitte Sie, in wen denn?“ „In Stacy? In Mandy? Didn't I tell you about The Spinto Band? Oha, ihr seid einfach zu spät (oder besser: late).“

Tatsächlich sollte sich jeder, der anno Dezember 2006 bzw auch am ersten Tag des verheißungsvollen Musikjahres 2007 immer noch nichts mit dem Bandnamen anfangen kann, gehörig schämen. Was ihr verpasst habt: den Soundtrack für einen häufig verregneten, emotionsgewaltigen Spätfrühling, die Untermalung für sonnige, verschlafene Festivalmorgende, den Trost an tristen Herbsttagen, das Seele streicheln in einem in doppelter Hinsicht unerwartet warmen Winter.

Aber von vorne, let me introduce my friends: Wir haben es hier mit sechs wahnwitzigen (Achtung: „Alter, Opa Spinto hat uns unsere Songs geschrieben und wir haben sie in einer Keksdose gefunden!“) Amis aus dem verschlafenen North Carolina zu tun, die häufig verqueren, aber immer bezaubernden Indiepop der allerersten Güte zaubern, der manchmal an die Band mit der Hand mit der Feder auf dem Cover oder auch an die mit dem viel zu langen Bandnamen, der das Publikum zu viel Begeisterung auffordert, erinnert. Auflösung dieses kleinen reziinternen Bandquizzes siehe unten.

„Did I Tell You“ heißt der Opener dieses hübschen nur-30-Minuten-Stückchens Musik. Zärtliches Klaviergeklimper, eine fast vorsichtig einsetzende Gitarre. Da wirkt Nick Krills Stimme im ersten Moment wie ein Störfaktor. Er nölt und quietscht und fiept. Man könnte es penetrant finden oder einfach lieben, weil es die Songs so unverkennbar macht und seinen ganz eigenen Charme verspritzt, wie... Nein, zum Wort „verspritzt“ gibt es jetzt keinen Vergleich. Denkt euch was Schweinisches oder lasst es bleiben, helga-rockt ist schließlich jugendfrei. Fast.

Frauen jedenfalls besingen die jungen Herren ausgesprochen gerne. „Oh, Mandy!“ (hoffentlich nicht Moore, falls überhaupt noch jemand außer mir diesen schrecklichen Britney-Spears-Verschnitt kennt. Oder eine Hommage an Barry Manilow?) Der Song ist allerdings auch so süß, dass er fast klebt. Mandolinen-Untermalung und angesichts der schwindelerregenden Höhen, in die Krills Stimmchen plötzlich klettert, wünscht man ihm ständig ein sicheres Netz. Oder Stacy. So viel Anstrengung für ein bisschen weibliche Aufmerksamkeit. Dem Hörer soll es recht sein. So kind.

Ach ja, der Hit heißt „Mountains“. Vielleicht fällt ja bei dem ein oder anderen, bei dem der Bandname nur Schulterzucken hervorruft, an dieser Stelle der Groschen. Das ist durchaus sehr tanztauglich, also verhaut den DJ eures Vertrauens, wenn ihr die Männer ohne business suit noch nicht auf die Ohren bekommen habt. Und euch selber gleich mit.

Das Album erweckt des öfteren den Eindruck, als habe man Kinder auf die Spielzeugabteilung im Kaufhaus losgelassen und ihnen gesagt, dass sie sich alles mitnehmen dürfen, was sie wollen. Quasi der Traum aller Sechsjährigen. Nur, dass es hier nicht um Lego-Baukästen oder strohblonde Barbiepuppen geht, sondern um Instrumente. Glockenspiel, Orgel, Mandoline, Synthies und das alles hübsch bunt durcheinander gewürfelt. Aber bitte gerne doch, so lange sie nicht auf die Idee kommen mit Messern gegen Gläser zu klopfen und das ganze als Musik zu bezeichnen. Noch ist es zum Glück nicht so weit.

Bis dahin kann man sich auf jeden Fall an einem der gelungensten Alben des Jahres erfreuen und sich in die easy-going-Welt der Spinto Band entführen lassen. Trinkt jetzt ein Bier.

Die Lösung übrigens (war ja nicht schwer): Arcade Fire und Clap Your Hands Say Yeah

Lisa Krichel

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