Rezension

The Hold Steady

Stay Positive


Highlights: Constructive Summer // One For The Cutters // Stay Positive // Slapped Actress
Genre: Bar-Rock
Sounds Like: Bruce Springsteen // The Replacements // Moneybrother

VÖ: 11.07.2008

Boys and girls in America have such a sad time together. Das wusste bereits Jack Kerouac, Vorreiter der Beat-Generation, der diese bedeutungsschwangeren Worte Romanheld Sal Paradise in den Mund legte, das wussten auch The Hold Steady bereits auf ihrem viel gelobten, aber viel zu wenig beachteten letzten Album, und hol's der Teufel, wenn die Situation jenseits des großen Teiches seitdem irgendwie besser geworden wäre. Ganz im Gegenteil, wenn man "Stay Positive" Glauben schenken will, und beunruhigender noch dazu. Doch wenn im Schatten amerikanischer Koexistenzprobleme erneut so ein Meisterwerk des Rocks entsteht, wen scheren dann schon ein paar Teenager?

Dabei scheint zumindest im eröffnenden "Constructive Summer" alles noch zumindest auf die dem Albumtitel entnommene Positivierung der Sichtweise hinzudeuten. Schließlich klingt der Plan, den Sommer damit zu verbringen, für ein zünftiges Besäufnis den Wasserturm zu stürmen, immer noch verdächtig nach Lebensverlotterung, aber auch nach 'ner Menge Spaß, und wenn das Ganze dazu noch in einen Hit verpackt wird, für den Bruce seine komplette E-Street-Band auf den Strich geschickt hätte, sollte sich das mit dem positiv Bleiben ja eigentlich von selbst ergeben. Als ähnlicher Kneipenkracher stürmt dann auch das üppig mit Bläsern bedachte "Sequestered In Memphis" durch die Salonschwingtür, jedoch zeigt jenes Polizeiverhör in Rockform bereits, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eben doch nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist.

Denn wenn die Langeweile quält und man sich dazu dann noch wie das Mädel, dessen Geschichte in „One For The Cutters“ erzählt wird, die falsche Gesellschaft aussucht, wird eben nicht nur gläserweise double whiskey, coke, no ice vernichtet, sondern auch hin und wieder der Anlass für Fragen wie When one townie falls in the forest, can anyone hear it? gegeben. Wenn’s etwas extravaganter sein soll, wird dann auch mal (mit unfreiwilligen „Hauptdarstellern“) quasi das Ende der „Passion Christi“ nachgespielt, wovon das mit Unmengen christlicher Motivik aufgeladene „Both Crosses“ zeugt, in dem zudem niemand geringerer als J Mascis das Banjo zupft. Neuerungen im Hold-Steady’schen Musikkosmos sind jedoch nicht nur jenes Banjo und das Addams-Family-Cembalo aus „One For The Cutters“, sondern die Tatsache, dass Frontmann Craig Finn hin und wieder sogar mal singt, anstelle immer nur einen vom Pferd zu erzählen – beispielsweise in „Lord, I’m Discouraged“, das man bei anderen Bands wohl als „Powerballade“ diskreditieren müsste, hier jedoch eine euphorischere Bezeichnung wie „Elegie an eine geschundene Seele“ verlangt.

Nach soviel sinnlosen Besäufnissen, gescheiterten Lebensentwürfen und Langeweile als Zeitvertreib kommt ein aufmunternder Titeltrack, der auf der Ohrwurmskala mit Wumms durch die Decke knallt, dann genau richtig. Dass „Stay Positive“ auch die Meinung von The Hold Steady widerspiegelt, zeigt sich nicht nur darin, dass jenes moderne Mantra regelmäßig die Autogrammkarten von Craig Finn ziert, sondern auch darin, dass es sich die Band einfach mal leistet, drei Songs, die dem Rest des Albums in nichts nachstehen, als 3-in-1-Hidden-Track zu verbraten. Ob es einem simplen Album gelingen kann, eine solche Lebenseinstellung auch bei seinen Hörern auszulösen? Um „Yeah Sapphire“ zu zitieren: I was a sceptic at first, but these miracles work.

Jan Martens

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