"Innocence Reaches", so nennt sich das 14. Album von Of Montreal, das Projekt, hinter dem im Wesentlichen allein Kevin Barnes steckt. In zwei Dekaden hat er alleine so viel Musik veröffentlicht, wie andere ihr ganzes Leben nicht schreiben werden. Die Quantität ist also groß, aber wie steht es um die Qualität? Die ist nach wie vor ebenfalls hoch, vorausgesetzt, man mag quietschigen Synthiepop mit abgedrehten und auch sehr persönlichen Texten.

Auf "Innocence Reaches" verarbeitet Barnes wieder mal vieles, was in seinem Privatleben vorgegangen ist. Er reflektiert die Scheidung von seiner Exfrau ("My Fair Lady"), erzählt von neuen Liebschaften, die ihm begegnet sind ("Ambassador Bridge"), denkt über Genderfragen ("Let´s Relate") und Gendersozialialisation ("It´s Different For Girls") nach. Barnes nutzt also weiterhin die Musik, um mit seinen Emotionen und Gedanken in einen kreativen Prozess zu treten – und er ist dankbar dafür, dass er dies so offen tun kann. "I´m thankful to have an outlet for that, to express that and not get chased out of town or beat up. I think we´re moving in the right direction now." Dies ist sicherlich noch nicht überall auf der Welt der Fall, aber in jedem Fall ein Lichtblick in chaotischen Zeiten.

Nicht nur Kevin Barnes, auch sein Bruder David Barnes nutzt kreative Wege, um seine Erfahrungen zu verarbeiten. So hat er wiedermal das Coverartwork mitgestaltet. David, der zum ersten Mal Vater geworden ist, hat in seinen Bildern sein Staunen über die weibliche Anatomie ausgedrückt. Die beiden Brüder scheinen einen Hang zum extrentrischen und übertriebenen Darstellen zu haben. Denn sowohl die Musik, als auch die Bilder sind schrill, bunt, überladen und oft auch etwas wunderlich. Aber dafür eben auch besonders und einzigartig.

Marlena Julia Dorniak

Diskutieren

Lesen

Weitersagen

Finden