Rezension

Of Montreal

Aureate Gloom


Highlights: Last Rites At The Jane Hotel // Virgilian Lots // Like Ashoka's Inferno of Memory
Genre: Indie-Rock // Pop // Psychedelic
Sounds Like: The Flaming Lips // MGMT // Tame Impala // Portugal. The Man // Ariel Pink // Ganglians // Talking Heads

VÖ: 06.03.2015

Kevin Barnes ist schon ein eigener Schlag Mensch. Und damit sind nicht einmal die Nacktauftritte gemeint, mit denen der Frontmann von Of Montreal in der Vergangenheit Aufsehen erregte. Nein, dass er nun mit "Aureate Gloom" bereits sein dreizehntes Studioalbum in 18 Jahren Bandgeschichte veröffentlicht, ist alleine verrückt genug. Bei der Frequenz erblassen selbst die Beatles fast vor Neid und man fragt sich, woher Barnes die Energie dafür nimmt, zumal bisher noch kein Totalausfall dabei war. Aber er hat eben ein bewegtes Leben und das will verarbeitet werden – vorzugsweise in Songtexten. Mehr denn je wäscht Barnes seine schmutzige Wäsche öffentlich, a la "some fucker took what's mine // now he's acting like she's his" ("Estocadas"). Und wenn er nicht nach wie vor seiner Ex-Partnerin sehr nahe stehen würde, müsste man fast befürchten, dass ihm da irgendwann noch eine Klage wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte ins Haus flattert.

Der Albumtitel "Aureate Gloom", übersetzt etwa "glänzendes Elend", ist aber nicht nur eine Reflexion der zerbrochenen Beziehung, sondern den Lyrics zu "Bassem Sabry" entnommen. Sabry, ein ägyptischer Bürgerrechtler und Blogger, der 2014 unter ungeklärten Umständen vom Balkon fiel und starb, verweist auf die politische Seite von Of Montreal, die man vorher so noch nicht kannte. Musikalisch greift "Bassem Sabry" hingegen auf bekannte Stilelemente aus der eigenen Diskographie zurück. Von einem beschwingten Offbeat getragen, wird die Bassline ständig links und rechts von cleanen Gitarren überholt, während Kevin Barnes' schräger Gesang dem Song einen euphorischen Anstrich verleiht, der so gar nicht zur eigentlich ernsten Thematik passen will. Deutlich druckvollere Gitarrenarbeit bringt hingegen das darauf folgende "Last Rites At the Jane Hotel" hervor, das insbesondere durch seine Stilwechsel überzeugen kann.

"Virgilian Lots" führt die bewährte Psychedelic-Pop-Basis dann endgültig in neue Gefilde und lässt die entspannte Strophe auf eine Gitarrenwand auflaufen, die sich gewaschen hat. Da besteht dann auch keine Verwechslungsgefahr mit MGMT mehr, die insbesondere bei "Estocadas" aber frappierend ist. Genau wie "Chtonian Dirge For Uruk The Other" (wie bitte kommt man auf so einen Songtitel?) stark an die dystopischen Noise-Gewitter der Flaming Lips aus "Embryonic"-Zeiten erinnert. Auch musikalisch ist also irgendwann nicht mehr alles eitel Sonnenschein. Nach dem gelungenen Bluesrock-Abschluss "Like Ashoka's Inferno of Memory" fragt man sich endgültig, welche Achterbahnfahrten die Signale durch die Synapsen in Kevin Barnes' Gehirn unternehmen, um am Ende als "Aureate Gloom" zu Papier gebracht zu werden. Auch wenn die Genialität eines "Hissing Fauna, Are You The Destroyer?" aus 2007, zu dem es trotzdem einige interessante Parallelen gibt, nicht ganz erreicht wird: Kevin Barnes darf uns gerne weiter an seinem Privatleben teilhaben lassen.

Johannes Neuhauser

Hören


"Empyrean Abattoir" auf Soundcloud
"Bassem Sabry" auf Soundcloud

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!