Rezension

Mando Diao

Hurricane Bar


Highlights: Down In The Past // Annie's Angle // God Knows
Genre: Garage-Rock
Sounds Like: Jet // Kings Of Leon // Mooney Suzuki

VÖ: 24.01.2005

In Schweden nichts neues – die vier Jungs aus einem Kaff namens Börlänge bleiben auf ihrem zweiten Album sich und ihrem Stil treu. Wo „Bring ‘Em In“ aufhört, knüpft „Hurricane Bar“ nahtlos an. Die Songs sind immer noch straight, melodiös und eingängig, wobei es aber deutlich mehr lahmere Nummern aufs Album geschafft haben. Wie auf dem Vorgänger versuchen die vier wieder (vergeblich?), so britisch wie möglich zu klingen. Mando Diao machen also keine Gefangenen und gehen auf Nummer sicher – Stagnation um des Erfolges willen. Kommerz. Mainstream! Ausverkauf gar!!

So einfach ließe sich eine Rezension zum neuen Album von Mando Diao beginnen, gesetzt den Fall, der Autor hat genug von den vielen Garagenrockbands, die alle den gleichen Sound haben, die gleichen Videos machen, die gleichen Frisuren haben und die gleichen Lederjacken tragen und die, wenn überhaupt, nur am Namen unterschieden werden können.. Sowieso, mindestens die Hälfte dieser ganzen tollen Indierock-Kombos kommt doch eh aus Schweden! Wer soll da bitte den Überblick behalten?!

Bei genauerem Hinsehen (und, ähm, -hören) stellt sich aber sehr schnell heraus, dass alles anders ist, als es zu sein scheint. Denn: Mando Diao ist keine typische Garagenrockband. Ihr furioses Debüt-Album „Bring ’Em In“ schwamm zwar auf der Hype-Welle um all die neuen The-Bands mit, wartete aber auch damals schon mit sehr blues-lastigen Rumpelern auf. Der Vorwurf, dass Mando Diao mit Kalkül aus dem aktuellen Trend im vergangenen Jahr zum richtigen Zeitpunkt Kapital schlugen, stimmt auch nicht, denn in Deutschland wurde der 2002 aufgenommene Erstling erst 2004 veröffentlicht.

„Hurricane Bar“ stellt sehr wohl eine Entwicklung dar. Das neue Album ist ein Rock’n’Roller, der als Kind schon gerne den Blues des Vaters und die Popmusik der Mutter hörte und nun auch dazu steht. Man vermisst die richtigen Kracher, die man erwartete, muss aber feststellen, dass das keineswegs ein Rückschritt, sondern eine Entwicklung ist. Bewusst und konsequent wird hier und jetzt sehr smooth und zuweilen recht düster gerockt. Favoriten sind das langsame und wunderbar mit Staub der heißen Wüste angehauchte „Added Family“ mit seinem Backgroundchor zum Beispiel oder „Ringing Bells“, das auf jedem Indie-Kuschelrock-Sampler hervorragend aufgehoben wäre; das coole „If I Leave You“, das eben klarmacht, dass man die Freundin bald verlassen wird, und das erst drei Tracks nach der leidenschaftlichen Liebeserklärung "Honey I love you / Like the summer falls / And the winter crawls / You’re above and beyond me…". Natürlich vergessen Mando Diao bei all that pop das Rocken nicht: Das Album beginnt mit dem 1:49-Rohrkrepierer „Cut the Rope“, der straight nach vorne geht; die Single „Down In The Past“ rockt mit einem sehr coolen Gitarrenspiel, „Annie’s Angle“ holt einen sofort auf die Tanzfläche und auf „God Knows“ regiert die Hammond-Orgel.

Textlich ist das Album nicht unbedingt sehr tiefgehend, aber Mando Diao machen auf „Hurricane Bar“ trotzdem sehr viel Spaß. Die Abgrenzung zum Garagenrock-Hype steht den vier Schweden fast so gut wie der Pop, der das zweite Album dominiert. Man darf auf die Clubtour im Frühjahr und die Festivals im Sommer gespannt sein, wenn das Album auf Live-Tauglichkeit getestet wird. Tipp von helga-rockt.de: Hingehen!

Benjamin Weber

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