Rezension

Mando Diao

Aelita


Highlights: Black Saturday
Genre: 80s-Pop
Sounds Like: Modern Talking // Hot Chocolate // New Order // Duran Duran

VÖ: 02.05.2014

„Sind Mando Diao jetzt MGMT?“, mag man angesichts des Covers von „Aelita“ denken. In der Tat: Mit Bekanntem der Schweden hat weder das Cover, noch der Inhalt des neuen Albums irgendetwas zu tun. Zwar fand sich schon auf „Give Me Fire“ das eine oder andere an die 80er Jahre angelegte Stück, „Aelita“ jedoch bricht komplett mit dem bisherigen Gitarrensound der Band. Wohl auch, weil „Aelita“ nicht nur Albumtitel, sondern auch Name des neuen Spielzeuges von Mando Diao ist: Ein sowjetischer Synthesizer, der all die Melodien verursacht hat, die vor 30 Jahren die Hitparaden bevölkerten.

Diese Zeit – sie war auch die Zeit von Miami Vice und Jan Hammer. Eben jener Hammer, der ein „Meister“ der Keytar ist – einer Mischung aus Keyboard und Gitarre, hierzulande berühmt-berüchtigt durch Thomas Anders von Modern Talking. Jener Hammer durfte auf und mit „Aelita“ mitwirken und wie es eben so ist, wenn zwei schlimme Dinge aufeinandertreffen: Sie potenzieren das Elend. Die erste Vorabsingle „Black Saturday“ mag noch irgendwie nach New Order oder den frühen Depeche Mode klingen, alles Nachfolgende jedoch betritt die Welt des Schmerzes.

Frisurentechnisch konnte man sich auf Billy Idol und andere Haircrimes einigen, die Texte zu „Wet Dreams“ und „Rooftop“ sind auf allerfeinstem Schmalzballadenniveau. Hier wird alles wieder ausgekramt, was längst vergessen war: käsige Synthies, spanish guitars, ah-ah-ah und sha-la-la-Frauenhintergrundchöre, die man bildlich mit wehenden Satinschleifen am Strand darstellen könnte. Zwar wurden die 80er schon oft in der aktuellen Indie(tronic)kultur aufgegriffen, jedoch so dreist ein Album zu schreiben, welches nach all den musikalischen Kapitalverbrechen (Modern Talking) dieser Zeit klingt, hat noch niemand gewagt. Einzig der Gesang mag nicht so ganz in die damalige Zeit passen. Die Sänger Dixgård und Norén haben recht kratzige Stimmen, die sich angenehm vom seichten, weichgeklopften Sound der Synthesizer abheben.

Musikalisch gesehen ist dieses Album ein Armutszeugnis beziehungsweise ein einziges „WTF?“. Die Überdrehung dessen, was MGMT oder streckenweise die Editors oder Killers vollbrachten. Das Schlimme an Aelita und „Aelita“ ist: Dieser Synthesizer scheint auf größtmögliche Eingängigkeit programmiert. Und so kommt auch diese Platte nicht umhin, Ohrwürmer zu verursachen. Zwar sind es welche, die man eigentlich nicht haben mag, die aber dennoch ziemlich grooven. Die Midtempostücke „Money Doesn’t Make You A Man“, „Child“ oder „Romeo“ mögen textlich blamabel sein, rocken aber dennoch ziemlich. Manchmal fühlt man sich in der Welt des Schmerzes gar nicht mal so unwohl.

Klaus Porst

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