Rezension

Mando Diao

Ode To Ochrasy


Highlights: Killer Kaczynski // Amsterdam // Ochrasy
Genre: Pop
Sounds Like: The Beatles // The Rolling Stones

VÖ: 25.08.2006

Dieser Tage gab es in einem Musikforum folgendes zu lesen, nicht wortwörtlich, aber sinngemäß: „Mittlerweile ist es schon wieder cool, Mando Diao cool zu finden, weil alle anderen sie uncool finden.“ Genau das trifft den Kern der Stimmung, die sich im letzten Jahr in der sogenannten Szene (was ist das eigentlich?) breit gemacht hatte. Mando Diao sind arrogante Arschlöcher, Mando Diao sind eine Kreischegirliefotohandyband, Mando Diao können einfach nicht gut sein, weil sie erfolgreich sind, Mando Diao braucht keiner mehr. Und jetzt? Schon wieder ein Album? Oh man, bleibt mir weg mit denen, die nerven doch nur noch. „Ode to Ochrasy“ heißt das gute Stück. Ochrasy? Was ist das? Ein billiger Versuch Albion von den Libertines zu kopieren? Spinnen die jetzt vollkommen? Nur ganz kurz zur Erklärung: Im Gegensatz zu Albion ist Ochrasy ist kein Ort, sondern ein Gefühlszustand. Aha. Die spinnen ja wirklich.

Egal. Ode to Ochrasy ist gut. Ehrlich. So richtig gut. Mando Diao erzählen ein weiteres Mal mehr oder eher weniger sinnvolle Geschichten, diesmal von Eishockeyspielern (Luc Robitaille), Terroristen (Ted Kaczyknski), drogenabhängigen schwedischen Mädchen (Josephine), deutschen Pennern in Stockholm (Herr Horst) und Telefongesprächen mit Gott. Zu viele Drogen? Möglicherweise. Aber in Amsterdam sei es ihnen verziehen. Sowieso: „Amsterdam“. Einer der vier Songs, die von Björn Olsson, dem The Soundtrack of our Lives-Mann, produziert wurde. Mando Diao schwärmen von der Zusammenarbeit, aber der schwierige Olsson bekam angesichts der Berühmtheit der Schweden im Ausland Panik und schmiss das Handtuch. Hört man nun diesen Song, lässt sich erahnen, wie groß das Album hätte werden können, wäre die Sache nicht gescheitert. Was allerdings auf keinen Fall besagen soll, das Album sei nun schlecht, es hätte nur noch mutiger werden können.

Die Band hat es geschafft vom aalglatten Pop von Hurricane Bar gleichzeitig einen Schritt vorwärts und einen Schritt rückwärts zu machen. Einen Schritt zurück zu der wundervollen Unruhe von Bring’em In, einen Schritt vorwärts dazu, die technischen Möglichkeiten besser zu nutzen. Ode To Ochrasy ist pompös, ausgefeilt bis zum letzten Ende, aber eben nicht glatt poliert/unkantig/weichgespült/langweilig. Nur einmal schmalzig, aber die Ballade „Josephine“ bleibt der einzige Ausrutscher.

„Killer Kaczynski“ ist ein typischer Aufs-Maul-Mando-Diao-Song ohne ein Selbstzitat zu sein. Dahinter stehen immer noch die catchy Popmelodien, aber diesmal haben die großmäuligen Schweden nicht den Fehler gemacht, dies auch ganz offen zuzugeben. Vermutlich, ich verkneife mir jetzt ein „hoffentlich“, werden die ganzen Kreischegirlies, die „Down in The Past“ total geil fanden von Ode to Ochrasy enttäuscht. Auf die YeahYeahYeahs, diesmal auch Lalaleis, muss aber natürlich niemand verzichten, das ist nun mal Mando Diao. Gustaf kräht wie eh und je, die Posen sind auch die gleichen geblieben.

Die Überraschung zum Schluss: „Ochrasy“. Überbleibsel der Studiosessions? Bestimmt nicht. Sondern das Herzstück des Albums. Björn singt und pfeift nur zur Gitarre, ganz sparsam und erzählt seine Geschichte. Das ist nun wahrlich kein Ohrwurm, drückt aber besser als alles andere aus, worum es hier eigentlich geht. Um eine verdammt gute Band, die es sich zum Ziel gesetzt hat, auch noch die größte Band der Welt zu werden. Man wird doch noch träumen dürfen.

Wer mich übrigens für die oben stehenden Referenzen schlagen möchte, darf es gerne tun.

Lisa Krichel

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