Rezension
Efterklang
Piramida
Highlights: Told To Be Fine // The Ghost // Between The Walls
Genre: Sound-Bastelei // Indie // Pop
Sounds Like: Múm // Slaraffenklang // Peter Broderick // Brandt Brauer Frick Ensemble
VÖ: 21.09.2012
Graue Gardinen, die aus zerschlagenen Fensterscheiben wehen, Pflanzen, die sich ihren Weg in die Wohnstuben gebahnt haben, ein paar scheue Tiere, die aus ihrem Unterschlupf hervorlugen, alles umgeben von hohen Gletschern und dem weiten Meer, von dem ein eisiger Wind übers Land zieht. Was gruselig klingt, ist in der Geisterstadt Piramida, die auf der Insel Spitzbergen einst von etwa 1000 russischen Bergarbeitern bewohnt wurde, mittlerweile Wirklichkeit. In all dieser Einsamkeit prunkt standfest wie eh und je eine Lenin-Büste, die an die Hochzeiten des Kommunismus erinnert.
Ja, diese Stadt hat genügend Geschichten zu erzählen. Grund genug für Efterklang, ihr ein Konzeptalbum zu widmen. Dazu zogen die Dänen, die mittlerweile in Berlin leben, aus, um Piramidas Flair auf sich wirken zu lassen. Dabei nahmen sie allerhand Equipment mit, um eine Vielzahl skurriler Geräusche vor Ort aufzunehmen. Über 1000 Field-Recordings brachten sie wieder mit nach Hause und bastelten daraus die Songs für ihr neues Album "Piramida" zusammen. Im Trailer zum Album kann man einen wunderbaren Eindruck der Arbeit in Piramida gewinnen.
Aus klackernden Geräuschen, choralen Hintergrundgesängen und melodischem, einlullendem "Do it, do it, do it..."-Gesang baut sich der erste Teil des über fünf Minuten andauernden Openers "Hollow Mountain" auf und stimmt den Hörer auf eine Reise in den kühlen, schaurigen Norden ein. Düster wabernde Synthies, wie sie zum Beispiel im Titel "Apples" immer wieder eingestreut werden, unterstreichen dieses teilweise bedrückende Gefühl. Casper Clausens Stimme klingt auf dem ganzen Album meist verhalten, als ob sie sich im Hintergrund halten wolle. Kraftvoller Gesang ist auf "Piramida" kaum zu finden, dafür stehen die Soundspuren aus Piramida im Vordergrund. So beginnt "Dreams Today" beispielsweise mit den Aufzeichnungen der Schritte eines laufenden Menschen, die mehr und mehr zum Beat des Songs aufgebaut werden. Leises, schnelles Glockenspiel, das an Vogelgezwitscher erinnert, flattert in "Told To Be Fine" immer wieder auf. Es stammt von dem Spiel auf Glasflaschen, die die Wände eines Flaschenhauses in Piramida bilden. Auch das Rascheln des Grases und der dumpfe, laute Hall von alten Ölfässern boten Möglichkeiten für vielerlei Soundexperimente. Klaviermelodien, die auf dem Album zu hören sind, stammen von dem wohl nördlichsten Flügel der Welt, den die Band in der verlassenen Konzerthalle der Stadt vorgefunden hat.
Nicht nur im Namen der Geisterstadt Piramida ist das Dreieck als Symbol zu finden. Auch das Logo des eigenen Labels Rumraket ziert ein Dreieck und nicht zuletzt ist die Band von vier auf drei Mitglieder geschrumpft. Überall findet sich die Symbolik des Dreiecks wieder, das unter anderem für einen Neuanfang steht. Einen Neuanfang haben Efterklang definitiv mit "Piramida" gewagt. Wer darauf die fröhliche Leichtigkeit von "Parades" oder "Magic Chairs" erwartet, mag vielleicht erst einmal enttäuscht werden, aber ein Album, das einer Geisterstadt gewidmet ist, sollte etwas Bedrückendes, Gespenstisches und Magisches mit sich bringen. Genau das erreicht es. Mit diesem Gefühl kommen auch der Wunsch und die Gespanntheit auf, es genauer zu untersuchen, um seine Geheimnisse zu entschlüsseln. Das wird man sicherlich nicht ganz schaffen, aber es führt dazu, dass man das Album genau kennen lernt und sich auf die kleinsten Geräusche und Einspieler einlässt und freut.
Die Homepage der Jungs, passend zum Album-Design
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