Rezension

Blood Orange

Negro Swan


Highlights: Orlando // Charcoal Baby // Chewing Gum // Runnin'
Genre: R&B // Pop // Soul
Sounds Like: Prince // D'Angelo And The Vanguard // Miguel

VÖ: 24.08.2018

Kaum jemand hat sich in den letzten 15 Jahren als Songwriter und Musiker dermaßen weiterentwickelt wie Devonté Hynes. Zu Beginn der 00er-Jahre noch mit den Test Icicles auf der Post-Punk-Welle mitgeschwommen, danach als Lightspeed Champion kurz am Country-Folk geschnuppert und inzwischen mit Blood Orange in den letzten Jahren mal eben R&B wiederbelebt und zu einem wichtigen Sprachrohr der queeren Bewegung geworden. Alle Achtung. Was soll da noch kommen?

Auf dem vierten Album seines Projekts richtet Dev Hynes jedenfalls den Fokus erst einmal auf sich selbst. Standen bei dem Vorgänger „Freetown Sound“ noch seine Eltern im textlichen Mittelpunkt, so reflektiert Hynes auf „Negro Swan“ seine Kindheit in London und sein jetziges Erwachsenenleben in den USA. Als Vorreiter queerer und weiterer alternativer Lebensentwürfe macht sich Hynes dabei natürlich besonders viele Gedanken, wenn diese mitunter direkt bedroht und angegriffen werden. Exemplarisch hierzu der Opener „Orlando“, der direkt Bezug nimmt zur Attacke im Gay-Club „Pulse“ vor zwei Jahren. Und dennoch ist „Negro Swan“ kein politisches Manifest, sondern vielmehr die kühle Beobachtung und Zurschaustellung einer zusehends verrohenden Gesellschaft, die mehr Wert legt auf die Einhaltung von Normen als darauf, Spielraum zur freien Entfaltung zu geben.

Musikalisch bewegt sich Blood Orange einmal mehr zwischen allen Stühlen, ohne wirklich irgendwo länger als nötig Platz zu nehmen. Es gibt so viele tolle R&B/Pop-Momente auf „Negro Swan“, dass die Platte trotz der ernsten Thematik unglaublich viel Spaß macht. Ob die völlig schräge Gitarre in „Charcoal Baby“, vertrackte Beats wie in „Jewelry“ oder exotische Flöten, die „Take Your Time“ beenden. Es gibt verdammt viel zu entdecken.

Dazu gehört auch die Tatsache, dass nun hier und da männliche Features auftauchen. Und nicht einfach von irgendwem. Niemand geringeres als Puff Daddy, aka Diddy, aka P. Diddy, aka Brother Love (sic!) gibt sich beispielsweise in „Hope“ die Ehre. Nun, es ist nur ein kurzer Monolog, aber immerhin! Wesentlich besser ist allerdings der Beitrag von A$AP Rocky, der im fantastischen „Chewing Gum“ in seiner typisch versponnenen Art den heimlichen Hit des Albums veredelt. Die weiblichen Gäste tragen dieses Mal zwar nicht die großen Namen, werten „Negro Swan“ aber dennoch noch einmal gehörig auf. Besonders die großartige Georgia Anne Muldrow in der fast schon klassischen Soul-Nummer „Runnin'“ bleibt dabei nachhaltig im Gedächtnis. Das sollte aber ohnehin auch die ganze Platte, denn nach „Cupid Deluxe“ und „Freetown Sound“ ist „Negro Swan“ die dritte Großtat von Dev Hynes hintereinander. More to come? Alles spricht dafür.

Benjamin Köhler

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Video zu "Charcoal Baby"
Video zu "Jewelry"

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