Rezension

Blood Orange

Freetown Sound


Highlights: Best To You // With Him // Hands Up // Juicy 1-4
Genre: Future R´n´B // Electronic Soul // Pop
Sounds Like: Prince // Toro Y Moi // Frank Ocean

VÖ: 01.07.2016

Smooth geht es zur Sache, auf Blood Oranges neuem Album. Entspannter Soul, R´n´B, Rap, Funk, seichte Elektronik, all das vermengt sich zu einer Melange, die man im besten Fall einfach nur genießt, während man selbst ganz entspannt ist. Dann kann man sich auf die Reise nach Freetown einlassen, sich überwältigen lassen, von seiner Vielfalt – und gleichzeitig all die Botschaften, die zwischen der seichten Musik verstreut sind, mitnehmen.

Freetown, das ist die Hauptstadt von Sierra Leone, der Heimat von Devonté Hynes Vater. Devontés Mutter stammt aus Guyana. Der Weg der beiden, die Reise aus ihren Herkunftsländern nach London, wo Devonté aufgewachsen ist, die Reflexion über seinen eigenen Werdegang, seine Identität, Geschlechterrollen, das Leben in seiner Wahlheimat New York, all das sind Themen, die er auf „Freetown Sound“ verarbeitet.

„Freetown Sound“ fühlt sich an wie ein Spaziergang durch die Stadt, aus der man im Vorbeigehen alle Töne, Gerüche, Bilder, Gefühle mitnimmt, die einem unterwegs begegnen. Ab und an bleibt man für eine gewisse Zeit stehen, um einer Frau zuzuhören, die einen Auszug aus dem Gedicht „For Colored Girls“ von Ashlee Haze in eine emotionale Rede verpackt, oder man lauscht jemandem, der ein gefühlsgeladenes Saxophonsolo dahinschmettert. Ein wenig später sind Worte aus der Drag-Dokumentation „Paris Is Burning“ zu hören und aus Marlon Riggs Film „Black Is... Black Ain´t“ werden Teile zitiert. Viele Samples und Einwürfe gibt es zu hören auf „Freetown Sound“. Es ist ein emotionales Album, eines voller poetischer und politischer Statements. Eines, das glücklich und beschwingt klingen möchte, und gleichzeitig zum Nachdenken mahnt.

Für sein neues Album hat Devonté Hynes wieder einige seiner Lieblingsmusiker zum Mitwirken eingeladen. Die Liste der Kollaborateure ist lang: Nelly Furtado, Carly Rae Jepsen, Debbie Harry, Kindness, Empress Of, BEA1991, Ian Isiah, Kelsey Lu, Jason Arce, Ava Raiin, Porches, Starchild und Patrick Wimberly sind da zu nennen. Devonté Hynes selbst zeigt sich wie immer in allen seinen Facetten: als Multiinstrumentalist, Sänger, Produzent, Ideengeber, Schreiber, als derjenige, der das kreative Chaos überblickt.

Durch die einzelnen Fragmente, die scheinbar beiläufig eingestreuten Zitate, die plötzlichen Rhythmuswechsel, die Songteile, die für sich selbst stehen, aber doch ineinander verschmelzen, scheint es, als hätte Devonté Hynes im ersten Schritt das perfekte Album komponiert, um es im nächsten Schritt in seine Einzelteile zu zerschneiden und in anderer Reihenfolge wieder zusammen zu fügen. Was dabei heraus gekommen ist, ist eine spannende, einzigartige Soundcollage, die ihre Popattitüde beibehalten hat und so durchgängig hörbar und keineswegs im negativen Sinn zerstückelt wirkt – und nebenbei auch noch wichtige Botschaften zu verkünden hat.

Marlena Julia Dorniak

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