Rezension

Wintersleep

Welcome To The Night Sky


Highlights: Weighty Ghost // Astronaut // Oblivion // Miasmal Smoke & The Yellow Bellied Freaks
Genre: emotionaler Indie-Rock
Sounds Like: Death Cab For Cutie // Aereogramme // R.E.M // +/-

VÖ: 06.02.2009

Es gibt immer mal wieder Zeiten, in denen sich der geneigte Musikhörer von der zeitgenössischen Gitarrenmusik verabschiedet, ohne genau zu wissen, warum. Und dann kommt eine Scheibe, die begeistert, ohne den Innovationszirkel der Rockmusik von außern zu befeuern. Aktuelles Beispiel: die Trias aus Afro-Beat-Synthie-Pop-Einfluss, sowie elektronischer Musik und moderner Rockmusik, in der sich der Verfasser dieser Zeilen jüngst durchaus verloren fühlte und sich von letztgenanntem Element unbewusst entfernte. Und dann kommen Wintersleep.

Auf ihrem dritten Album „Welcome To The Night Sky“ bewegen sie sich zwischen Post-Rock und emotionaler Rockmusik, zwischen den jungen R.E.M, Eskobar und Death Cab For Cutie und begeistern vor allem dadurch, dass alles passend wirkt, nichts erzwungen. Durchdachte Arrangements sorgen dafür, dass man genrefremde Einflüsse nicht vermisst. Emotion statt Innovation ist das Motto dieses Albums, das nach Blut, Schweiß und Tränen riecht. Die Kanadier präsentieren inbrünstig eine Absage an den Weiterentwicklungswahn und ein Plädoyer zur Besinnung auf alte Stärken zur Aufdeckung emotionaler Schwächen. Nichts ist hier perfekt und dennoch alles. Paul Murphy, der mal wie der junge Michael Stipe („Astronaut“) klingt, mal ein ganz kleines bisschen nach Chris Martin oder Ben Gibbard, sorgt für Atmosphäre durch Pathos und weiß in jeder Sekunde, dass er nicht der Welt bester Sänger ist. Und darauf kommt es auch nicht an. Wintersleep packen uns wieder von einer anderen Seite. Wenn man einen Vergleich mit Computerspielen bemühen mag, sind Wintersleep die Entwickler eines Spiels, das, ganz wie früher, den Spielspaß und die Story zum Gegenstand des Mediums macht und auf protzende Spezialeffekte und graphischen Bombast verzichtet – bewusst oder unbewusst: dies zu entscheiden darf nicht Sache des Rezipienten sein.

Jener soll und darf sich mitreißen lassen vom pathetisch-balladesken „Dead Letter & the Infinite Yes“, vom einzigen afromusikalisch infizierten „Weighty Ghost“, vom Up-Tempo Rock auf „Oblivion“ oder epischen Post-Rocker „Miasmal Smoke & The Yellow Bellied Freaks“.

„Welcome To The Night Sky“ ist eine Platte zum Verlieben und zum Schwelgen und sorgt dennoch dafür, dass beide Füße fest am Boden bleiben. Mehr davon, bitte, in 2009!

Andreas Peters

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