Rezension

Ty Segall

Goodbye Bread


Highlights: Goodbye Bread // My Head Explodes // Where Your Head Goes
Genre: Garage Rock // Lo-Fi // Psychedelic Rock
Sounds Like: Sic Alps // The Black Keys // The Stooges

VÖ: 24.06.2011

Es ist merkwürdig, dass sich der Begriff „Wunderkind“ wie ein Stigma an Künstler heftet. Wenn der Focus den mittlerweile 31-jährigen Conor Oberst immer noch so betitelt, wirkt das lächerlich und realitätsfern. Ty Segall darf man zwar noch trauen, allerdings ist er mit 23 Jahren auch längst dem Teenageralter entwachsen. Seit 2005 veröffentlicht der Multiinstrumentalist unzählige Alben mit Bands wie den Epsilons, Sic Alps oder eben als Solokünstler. Also doch wieder so ein Wunderkind.

„Goodbye Bread“ ist, obskure Kassettenveröffentlichungen berücksichtigend, nun bereits das siebte Album von Ty Segall und die erste Veröffentlichung auf dem renommierten Plattenlabel Drag City. Am eigentlichen Klang hat sich trotz der nun flächendeckenderen Distribution (die vorherigen Alben erschienen auf dem kleinen Goner-Label) wenig geändert. Der Opener „Goodbye Bread“ mag mit kuscheligen John-Lennon-Gesangsmelodien Harmoniesucht vortäuschen, doch eigentlich verehrt Ty vor allem seine auf 11 gedrehte Fuzz Pedal und kotzt den übersteuertsten und rumpeligsten Garage-Punk-Blues, den die Black Keys seit „Thickfreakness“ nicht mehr hinkriegen, aus.

Überraschenderweise klingt das Album trotz der dilletantischen Herangehensweise erfreulich nuanciert. Das liegt vor allem daran, dass die einzelnen Lieder trotz ihres fingerbreiten Schmutzfilms neben einer klaren Melodieführung auch überraschende, unkonventionelle Ideen durchschimmern lassen. „Goodbye Bread“ ist geordneter, wohldosierter Schmutz und eine spannende Neuauslegung von Altbekanntem. „My Head Explodes“ erinnert in der Strophe an den wunderbaren Neunziger-Jahre-Hit „Sex And Candy“ von Marcy Playground und explodiert dann in einem größenwahnsinnigen Refrain, welcher den Titel Wirklichkeit werden lässt. „Where Your Head Goes“ dagegen zeigt Anleihen an zugedröhnten Stoner-Rock und ist doch gleichzeitig immer nur schmächtiger Garage-Song. Natürlich ist Ty, der auch hier wieder alle Instrumente selbst einspielt, kein begnadeter Drummer und so mancher Beat klingt reichlich hölzern. Der Schlusssong „Fine“ hätte zum Beispiel raffinierter ausfallen können. Trotzdem macht gerade der naive Dilletantismus, wie bei jeder guten Garage-Veröffentlichung, den eigentlichen Charme des Albums aus.

„Goodbye Bread“ liest sich durch sein Verlassen auf knurrende Verzerrung wie ein potentiell anstrengendes Album. Glücklicherweise lässt Ty Segall seine Experimente nie zur Guantanamo-Beschallung werden, auch endet die Dröhnung bereits nach rücksichtsvollen 33 Minuten. So bleibt genug Raum für weitere Veröffentlichungen. Der Mann hat schließlich einen Titel zu verteidigen.

Yves Weber

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Das Album im Stream
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