Rezension

Tortoise

Beacons of Ancestorship


Highlights: High Class Slim Came Floatin' In // Prepare Your Coffin // Northern Something // Charteroak Foundation
Genre: Experimental // Post Rock
Sounds Like: Oneida // Battles // Do Make Say Think // The Sea And The Cake

VÖ: 19.06.2009

20 Jahre Bandbestehen und Mitbegründer dessen, was man heutzutage so unter dem Begriff „Postrock“ versteht. Tortoise haben zweifelsfrei schon einiges geleistet und brauchen sich auch nicht mehr vor irgendjemandem zu beweisen. Umso höher ist der Band anzurechnen, dass sie nach all den Jahren trotzdem noch den Hunger verspürt, sich weiterzuentwickeln. So machte Gründungsmitglied Douglas McCombs bereits unmittelbar nach dem letzten Album „It´s All Around You“ vor fünf Jahren klar, dass es nun darauf ankomme, von dem typischen „Tortoise Sound“ wegzusteuern und zu zeigen, dass die Band alles machen kann, was sie will.

„Beacons Of Ancestorship“ heißt nun das Ergebnis und man hört dem Album über weite Strecken diese Aufbruchsstimmung tatsächlich an. Natürlich machen Tortoise keine stilistische 180° Drehung und schmeißen all das über Bord, was den Sound der Chicagoer so einzigartig gemacht hat. Das Grundgerüst aus traditionellem Krautrock plus Jazz- und Dubanleihen ist weiterhin ohne kleinste Risse beibehalten worden. Dazu gesellt sich nun aber eine etwas aggressivere und wuchtigere Grundstimmung, die der Band wirklich sehr gut zu Gesicht steht.

Der achtminütige Eröffnungstrack „High Class Slim Came Floatin’ In“ ist geradezu ein Paradebeispiel für das neue Facelifting von Tortoise. Die Synthies sind monströs, der dubbige Bass ein Killer und der Beat, der gegen Ende einsetzt, so richtig dreckig. „Prepare Your Coffin“ beschleunigt im Anschluss noch ein paar Gänge mehr und hat sogar den Mut, geradezu klischeehaft die E-Gitarre auszupacken. Und weiter geht der fröhliche Hirnfick, denn „Northern Something“ sorgt mit seinen zwei Drumbeats und multiplen Bassläufen erstmal dafür, dass sämtliche Synapsen neu verkabelt werden müssen und das sich langsam aufbauende „Gigantes“ ist ein düsterer Endzeitbrocken, der sehr schwer zu verdauen ist.

Leider bleibt nach der ultimativen Trommelfellbelastung „Yinxianghechengqi“ (wie sehr kann man den Bass bitte übersteuern?) die Konsequenz des „neuen“ Sounds auf der Spur. Es wird deutlich ruhiger und man bekommt bis auf das grandiose und abschließende „Charteroak Foundation“ nichts mehr zu hören, was die Band nicht schon wesentlich besser hinbekommen hätte. Die zweite Hälfte von „Beacons Of Ancestorship“ fällt somit deutlich gegen die erste ab und man wird das Gefühl nicht los, dass hier deutlich mehr drin gewesen wäre als bloß ein „gutes“ Album von Tortoise - was aber immerhin noch mehr ist als das, was die meisten vergleichbaren Bands im Stande sind zu liefern.

Benjamin Köhler

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