Rezension

Thees Uhlmann

#2


Highlights: Zugvögel // Es Brennt // Ich Gebe Auf Mein Licht
Genre: Deutschrock
Sounds Like: Bruce Springsteen // Kettcar // Bernd Begemann

VÖ: 30.08.2013

Ob man eine Sache gut findet – sei es nun ein Urlaub, Film, Date oder wie in diesem Fall eine CD – hängt oft mindestens zur Hälfte davon ab, welche Vorstellungen man sich vorher davon gemacht hat und mit welchen Erwartungen man dann daran herantritt. Als Thees Uhlmann 2011 sein erstes Soloalbum herausgebracht hat, war die Enttäuschung bei vielen zunächst groß. Das klang ja kaum noch nach Tomte! Das war auf einmal so viel weniger intellektuell und so richtig mit Fäuste-in-die-Luft-recken. Zu seiner Verteidigung sei gesagt: Hätte Herr Uhlmann weiter Musik machen wollen wie bei Tomte, dann hätte er das wahrscheinlich mit Tomte gemacht. Für alles andere gibt es schließlich Nebenprojekte.

Jetzt gibt es den Nachfolger zum selbstbetitelten Debüt und erfüllt alle im Vorfeld gestellten Erwartungen – die positiven und negativen gleichermaßen. Die alten Tomte-Fans zucken mittlerweile nur noch mit den Schultern und tun sich das neue Album gar nicht erst an. Und wenn doch, läuft es ihnen kalt den Rücken runter, wenn sie die erste Single “Die Bomben Meiner Stadt” hören mit all ihren Boom Boom Booms, die sogar von der Backgroundsängerin wiederholt werden. Peinlich! Sellout!, lautet das einstimmige Urteil der Indie-Polizei. Und vergisst dabei wieder, dass es hier nicht um Tomte geht, sondern um Thees Uhlmann & Band. Die Begleitband wurde bei “#2” deutlich stärker in den Entwicklungsprozess eingebunden als noch beim Debüt, wo sie vor allem Backingband für Uhlmann war. Dem Schlagzeuger wird sogar ein Lied gewidmet (“Trommlermann”). Und auch beim Songwriting bestimmt Thees Uhlmann mittlerweile nicht mehr alleine. Gitarrist und Produzent Tobias Kuhn legt Uhlmann an die Leine: Nur ein Lied auf dem Album durfte von Liebe handeln und eines von der Abwesenheit von Liebe. Das erklärt das breite Themenspektrum von #2, das unter anderem Wien, Feuer, Kriege, SPD-Basis-Wahlkampf, den 7. März und Laternelaufen beinhaltet.

Neben den enttäuschten Tomte-Fans gibt es aber noch eine zweite Gruppe, die #2 sehnsüchtig erwartet hat und die hier auch genau das findet, was sie suchen. Sie setzt sich zusammen aus denen, denen Thees Uhlmann vor 2011 noch kein Begriff war. Die vielleicht im Radio seine Singles gehört haben und etwas anfangen können mit dem niedersächsischen Springsteen und seiner Sicht auf die Dinge. Die deutsche Musik gut finden, bei der man einfach mitsingen kann, die aber trotzdem mal tiefsinnig und verspielt ist. Freunde der Lederjacke. Komplettiert wird die Gruppe von den Leuten, die zwar deutsche Musik mag, denen aber Tomte immer zu kopflastig und pathetisch waren. Diese Fraktion wird voll und ganz zufrieden sein mit “#2”. Hier gibt es wieder Geschichten aus der Provinz (“Der Fluss Und Das Meer”), vom kleinen Mann (“Weiße Knöchel”), eine Großstadtode (“Zerschmettert In Stücke”) und sogar eine kleine Geschichtsstunde (“Am 7. März”). Das alles immer in ohrengerechte Texte gehüllt, die man ohne Zweifel gut mitsingen kann, meistens ohne dass sie allzu platt wirken. Was kann man sich als Freund deutschsprachiger Rockmusik noch mehr wünschen? Eigentlich nichts. Was man sich allerdings als Freund intelligenter deutscher Rockmusik wünschen würde, ist etwas mehr Abwechslung, manchmal ein bisschen mehr Tiefgründigkeit in den Texten und weniger Kumpelei.

“Thees Uhlmann” war der Befreiungsschlag von Tomte. Endlich auch mal all die Ideen zu Liedern ausprobieren können, auf die nur die Bezeichnung “Rock” passt und die man Tomte niemals hätte durchgehen lassen. Einmal mehr Bauchgefühl als Kopf und Herz. “#2” ist der logische Nachfolger. Und so führt es konsequenterweise weiter, was das Debüt begonnen hat. Das freut die Radiohörer. Alle anderen wünschen sich im stillen Kämmerlein (oder Internetforum) in Zukunft wieder mehr “Korn & Sprite” statt “Kaffee & Wein”.

Lisa Dücker

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Video zur ersten Single "Am 7. März"
Video zu "Die Bomben meiner Stadt"

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