Rezension

The Twilight Sad

Fourteen Autumns And Fifteen Winters


Highlights: Cold Days From The Birdhouse // That Summer, At Home I Had Become The Invisible Boy // And She Would Darken The Memory
Genre: Shoegaze // Postrock
Sounds Like: Arab Strap // Mogwai // Aereogramme

VÖ: 04.05.2007

Da der gemeine Hobbymelancholiker auch im Sommer keinen Urlaub macht und ständig nach neuem Material für rotweindurchtränkte Abende dürstet, wird es ihn ganz besonders freuen, dass The Twilight Sad mit ihrem Debütalbum die volle Bedienung bieten. Von einer Band mit diesem Namen und der Herkunft Glasgow kann man aber auch kaum was anderes erwarten, als eine herrliche Melange aus Sentimentalität und viel Romantik. Doch The Twilight Sad mit Etiketten zu versehen, und in Schubladen zu stecken, wäre zu einfach, schließlich würde das der ziemlich einzigartigen Musik nicht gerecht werden.

Was zuerst auffällt, ist natürlich die Stimme von Sänger James Graham. Dieser unglaubliche, urschottische Akzent lässt unweigerlich Assoziationen zu der Sigur Rós Fantasiesprache Hopelandish entstehen, auch wenn Graham vom Klangbild eher an einen vollbärtigen Holzfäller erinnert. Doch keinesfalls wird da grob die Axt geschwungen, wenn The Twilight Sad ihre Soundteppiche ausbreiten. Alles geschieht behutsam und wurde mit viel Bedacht komponiert. Laute Ausbrüche werden vorsichtig vorbereitet. Klingt jetzt im ersten Moment langweilig, doch die Musik braucht diese Zeit, um sich in vollem Umfang entfalten zu können. Das hat ihnen kein Geringerer als Interpol und Mercury Rev Produzent Peter Katis eingeimpft - und der muss es schließlich wissen.

So klingen The Twilight Sad meist wie shoegazende Mogwai, was an sich ja schon für sich spricht. Zusätzlich lassen sie aber immer wieder auch ein Piano oder gar Akkordeon einen dominanten Part übernehmen. Bereits im Opener „Cold Days From The Birdhouse“ kann man das wunderschön hören. Eine einzelne Klaviertaste gibt den Takt vor, während sich Akustik- und Stromgitarre liebevoll umgarnen. Dann bricht die ganze Emotionalität dieser Band in einem Feuerwerk aus Melodieverliebtheit aus. Immer wenn man denkt, mehr geht nicht, kommt noch eine Tonspur dazu, die alles noch einmal auf eine höhere Ebene hebt. Was bei vielen anderen Bands oftmals überladen klingt, ist hier zu keinem Zeitpunkt wegzuwünschen. Dafür ist die Musik einfach zu einnehmend.

„Fourteen Autumns & Fifteen Winters“ ist ein Album, bei dem man zu keinem Zeitpunkt in Versuchung gerät, zu skippen. Wie aus einem Guss erscheinen die Songs aneinandergereiht. Die Highlights auszumachen gerät deshalb auch besonders schwierig. Außerdem entfalten sich nach jedem Hördurchgang wieder neue Details, die man vorher nicht bemerkt hatte. Mal abgesehen von einer klitzekleinen Schwächephase im Mittelteil kommen vor allen Dingen diejenigen auf ihre Kosten, denen die letzte Aereogramme Platte zu kitschig und drucklos geraten war. Aber auch alle anderen werden sich an diesem mehr als gelungenem Album berauschen können. Vorausgesetzt man ist Hobbymelancholiker, versteht sich…

Benjamin Köhler

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