Rezension

The Soft Moon

Deeper


Highlights: Far // Wasting // Being
Genre: Gothic // Post-Punk // Batcave
Sounds Like: Bauhaus // Nine Inch Nails // The Cure

VÖ: 27.03.2015

Es gibt einen Markt. Für Einsamkeit, für Depressionen und für Teenage Angst. Sei es in der Musik, im Film oder in der Literatur: Die Entfremdungsphantasien Heranwachsender dienen nicht nur als Inspirationsquelle, mit ihnen lässt sich auch gutes Geld scheffeln. Natürlich hatte niemand primär kommerzielle Absichten, als sich Anfang der Achtziger die Gothic-Bewegung aus dem New Wave entwickelte. Erst die Epigonen, die in den folgenden Jahrzehnten in schummriges Kerzenlicht getauchte Jugendclubs überschwemmten, dürfen sich diesen Verdienst zuschreiben. Gothic ist ein erstaunlich trendresistentes Virus, welches sich nicht mal von der Emoplage Mitte der Neunziger ausrotten ließ. Nun sind die Emos weg, die Goths hingegen wandeln immer noch bei Vollmond. Luis Vasquez ist solch ein Unbeirrbarer, der mit seiner Band The Soft Moon den großen Idolen der Achtziger und Neunziger huldigt. Es wäre unfair, seinem Ein-Mann-Projekt Handeln aus Kalkül vorzuwerfen. Dieser Mann liebt die Musik, die er hier spielt, offensichtlich.

Auf dem dritten Album baut Vasquez die elektronischen Elemente, die auf dem Vorgänger „Zeros“ Einzug gefunden haben, aus. Gleich „Black“ stapft voran wie ein mit Panzerschokolade überfüttertes Bataillon. Das hier ist harter Techno im Rockgewand, wie ihn Trent Reznor mit „The Downward Spiral“ durch die Jugendzimmer der Neunziger geheizt hat. Gleichzeitig besitzt das Album eine ruhigere Seite, die fast in New-Romantic-Gefilde abdriftet. Wenn bei „Far“ ein dicker Chorus-Effekt über den Bass gelegt wird und der Gesang sehnsuchtsvoll schmachtet, dann erinnert das nicht nur ein wenig an The Cure. Auf „Deeper“ präsentiert sich The Soft Moon als schizophrene Band, die zwei unterschiedliche Musikgenres verbindet.

Leider übernimmt jede Band, die sich etwas zu dogmatisch an Musikstilen festklammert, auch die Klischees. Gerade bei den Texten schöpft dann „Deeper“ doch sehr aus dem Plattitüden-Baukasten. Wenn „Wasting“ dir weismachen will, dass du jede Gelegenheit beim Schopfe packen musst, dann ist das weniger ein ernstes „Carpe Diem“ als bloß ein über fast sechs Minuten gezogenes Yolo. Hier wird lediglich mit Versatzstücken jongliert, jedoch keine eigenständige Idee herausgearbeitet. Auch der Schlusssong „Being“, der aus einem Kassettenschnipsel ein unglaublich beklemmendes Lärmgewitter entstehen lässt, ist textlich lächerlich in seiner schablonenhaften Überzeichnung. Am besten, man betrachtet die Texte als weiteres Instrument zur Erzeugung von Atmosphäre.

Dass „Deeper“ so oft in Klischees abdriftet, ist der Sache geschuldet. Sicher, dieses Album ist ein Abziehbildchen. Allerdings ein verdammt gutes. Wer sich nicht an der Formelhaftigkeit beißt und sich an Bauhaus oder den Nine Inch Nails sattgehört hat, kann hier mit wonnigem Schauer in die Gruft absteigen und seinen dunklen Neigungen frönen.

Yves Weber

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