Man vergisst gerne und schnell, dass hinter Talking To Turtles die beiden Leipziger Claudia Göhler und Florian Sievers stecken. Zu sehr hört sich die Band nach Fernweh an, zu oft denkt man an Island oder Kanada und zu sehr verklärt man offensichtlich die Ferne.

Das Schöne an Talking To Turtles ist die Unbeirrtheit, mit der sie ihren Weg gehen und sich konstant und sinnvoll weiterentwickeln. Von der WG-Zimmer-Romantik der ersten Aufnahmen ist immer noch das Intime und die Nähe übrig geblieben. Ähnlich wie Norman Palm und Sir Simon Battle (der nicht ganz zufällig für die Produktion dieser Platte verantwortlich ist), schaffen es TTT, den Hörer völlig zu vereinnahmen. Alles klingt vertraut, nach Familiensonntag und heiler Welt. Nur wer wirklich genau hinhört, merkt, dass sich hinter der Fassade so heimeliger Titel wie "Safetyville" dunkle Gedanken auftun. Und wenn man wirklich will, ist das der einzige Kritikpunkt einer ansonsten reifen Platte. Hier und da täte es den Songs ganz gut, wenn die Schönheit von ein paar bitteren, dunklen Gedanken befeuert würde, die nicht nur subtil mitschwingen, sondern den Songs einen interessanten Bruch geben und Balance schaffen.

Dieses klitzekleine Haar in der Suppe täuscht aber nicht darüber hinweg, dass "Split" eine großartige Platte ist. Im musikalischen Koordinatensystem bewegen sich TTT hier zwischen den eben erwähnten Norman Palm und Sir Simon Battle, erinnern gleichzeitig aber auch an die Bright Eyes und die gesamte Saddle-Creek-Crew. Und wenn die Entwicklung der Band so organisch weiter verläuft, kann man sicher sein, dass auch das letzte kleine Härchen aus der Suppe verschwinden und Leipzig eine wichtige Rolle auf der Musik-Landkarte spielen wird. Seattle, Omaha, Leipzig? Wer weiß!

Andreas Peters

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