Rezension

Stornoway

Bonxie


Highlights: Man On Wire // The Road You Didn't Take // Heart Of The Great Alone
Genre: Folk-Pop
Sounds Like: Guillemots // Villagers // Vampire Weekend

VÖ: 10.04.2015

Ein Seufzen verlässt den Mund, wenn man an die lieben Jungs von Stornoway denkt. Es ist kein Schmachten, auch wenn die sanften Klänge und die Engelsstimme von Sänger Brian Briggs es zulassen würden. Es ist eher ein Seufzen, das die verzweifelte Frage beinhaltet: „Was wäre wenn?“ Denn Stornoway sind eine dieser Bands, die immer wieder ihr Potenzial zeigen, aber irgendwie nie aus dem Vollen schöpfen. Ihre Alben „Beachcomber's Windowsill“ und „Tales From Terra Firma“ waren alles Andere als schlecht und in manchen Momenten schlichtweg bezaubernd. Mit „Zorbing“ hatten sie sogar einen Song mit Hitpotenzial. Aber so ist es eben manchmal. Die Übersingle stand 2009 ganz am Anfang ihrer Karriere und wer den Sprung danach nicht schafft, läuft Gefahr, immer weniger interessant zu werden. So ist es leider bei Stornoway.

Der Folk-Pop der Jungs aus Oxford ist vorbestimmt für warme, verträumte Tage. Da wird die Gitarre gezupft, da kommen die Streicher rein, als wäre zwölf Monate im Jahr Sonnenschein. Ein bisschen Guillemots, ein bisschen Vampire Weekend hört man da manchmal raus. Negative Energien sind verboten. Hätte man diese Art von Folk nicht in den letzten Jahren im Überschuss um die Ohren gehauen bekommen, man könnte sofort seinen Wanderstock einpacken und die Jungs auf Tour begleiten. Aber nach sechs Jahren fühlt sich die harmlose Gutmenschen-Musik auf „Bonxie“ überholt an.

Es ist ja nicht mal so, als wäre die Band nicht um neue Nuancen bemüht. Die Drums rumpeln merklich lauter als früher und fast fühlt man sich bei all dem Sonnenschein von ein paar unangenehmen Tropfen überrascht, wenn beispielsweise „Man On Wire“ sich zum dramatischen Ende hochschaukelt. Aber falscher Alarm, immer noch alles nett hier. „The Road You Didn't Take“ ist dann sogar wieder Stornoway in Bestform. Mehrstimmiger Gesang durchzieht den Song mit einem Hauch Melancholie, aber ganz ohne Weltschmerz, sondern mit einem strahlenden Lächeln und einem optimistischen Blick in die Zukunft. Ob man mit dieser Naivität umgehen kann, muss jeder für sich selbst entscheiden. In manchen Momenten ist die positive Energie so überwältigend, dass man sich wundern muss, ob den Jungs nie etwas Schlechtes widerfahren ist („Lost Youth“).

Stornoway sind perfektes Schwiegersohn-Material. Musik, die man seinen Eltern vorspielt, so dass selbst das ergraute Familienoberhaupt sagt: „Die klingen wie gute Jungs.“ Nur eben auch ein bisschen langweilig. Das alles klingt in Worte gefasst negativer, als es ist. Natürlich ist auch „Bonxie“ wieder ein gutes Album geworden und für Folk-Pop-Fans finden sich wieder eine Handvoll Songs, die man ohne schlechtes Gewissen in seine Sommer-Playlist machen kann. Aber trotzdem wird es von Mal zu Mal schwieriger, etwas Besonderes an einem Album der Briten zu finden. Da kann man wirklich nur seufzen.

Arne Lehrke

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