Rezension

Perfume Genius

Too Bright


Highlights: Queen // No Good // My Body // Too Bright // All Along
Genre: Psychedelic-Pop // Art-Pop // Singer Songwriter
Sounds Like: Bon Iver // Timber Timbre // Anthony & The Johnsons // Chris Garneau

VÖ: 19.09.2014

Schon bei der Veröffentlichung seines letzten Albums „Put Your Back N 2 It“ sah sich Mike Hadreas alias Perfume Genius mit Vorurteilen konfrontiert, denen er aufgrund seiner Homosexualität immer wieder begegnet. Beispielsweise als Youtube sich weigerte, den Videoclip zu „Hood“ zu veröffentlichen, da der Clip aufgrund der Liebeleien zweier halbnackter Männer als „familienfeindlich“ galt.

Auch bei der Entstehung seines neuen Albums musste der Songwriter aus Seattle wieder darum kämpfen, mit seiner Musik er selbst sein zu können und sich und seine Gefühle ausdrücken zu können. So wurde er beispielsweise im Vorfeld der Albumaufnahmen von mehreren Seiten gebeten, die Kompositionen auf seinem neuen Album doch etwas zugänglicher zu arrangieren, um auch im Mainstream erfolgreich sein zu können. Was zunächst als gut gemeinter Ratschlag interpretiert werden könnte, entpuppte sich für Hadreas laut eigener Aussage bei genauerer Betrachtung jedoch mehr als Aufforderung zu „sei einfach weniger schwul“ – eine Erkenntnis, die den fragilen Musiker traurig und wütend zurückließ.

Anstatt sich von der Engstirnigkeit mancher Menschen jedoch negativ beeinflussen zu lassen, nutzte Hadreas seine Wut kreativ und veröffentlicht nun mit „Too Bright“ ein Album, welches sich glücklicherweise an alles Andere als an irgendwelche Ratschläge gehalten hat.

Während seine ersten beiden Alben „Learning“ und „Put Your Back N 2 It“ nahezu ausschließlich von einer reduzierten Instrumentierung mit Piano und Akustikgitarre geprägt waren, geht es auf seinem neuesten Werk deutlich experimenteller und elektronischer zu, was nicht zuletzt an der Unterstützung von Portisheads Adrian Utley und John Parish, PJ Harveys rechter Hand, liegt, die einen großen Anteil daran haben, dass der Sound nun viel opulenter und kräftiger klingt, als man es bisher gewohnt war. Beispielhaft ist hier das Stück „Queen“ zu nennen, welches durch düstere und eindringliche Keyboardklänge, elektrische Gitarren, Chöre und Cembalo-Sounds begeistert. Mit „No Good“, „Too Bright“ und „All Along“ haben sich auf dem Album aber auch wieder reduzierte, melancholische Klavierstücke eingefunden, bei denen jedoch im Vergleich zu den Vorgängeralben eine klare musikalische Weiterentwicklung erkennbar wird.

Inhaltlich knüpft das Album an die Offenlegung seiner innersten Gefühle von „Put Your Back N 2 It“ an, vermittelt sogar zeitweise den Eindruck, dass das Innenleben von Hadreas in der Zwischenzeit noch düsterer, unglücklicher und selbstzerstörerischer geworden ist, wenn er Zeilen singt wie „There’s no gentle way / There’s no safe place / For the heart to hang when the body is no good” („No Good“) oder „For just a little bit / A heart long desperate / For something I had all along / I don't need your love / I don't need you to understand / I need you to listen.“ („All Along“). Doch so unsicher und zerbrechlich sich Hadreas auch auf den insgesamt elf Stücken des Albums offenbart, bedarf es dennoch Muts und großen Selbstbewusstseins, seinen Gemütszustand derart preiszugeben.

Sein Mut half ihm auch dabei, sich vermeintlich gut gemeinten Ratschlägen zu widersetzen, um stattdessen ein Album zu veröffentlichen, das mit ihm zu tun hat. Und das den Zuhörer berührt, bereichert und emotional ergreift.

Benjamin Schneider

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