Rezension
Moiré
Shelter
Highlights: No Gravity // Dali House
Genre: Electronic // Techno // Raw Dub
Sounds Like: Actress // Machinedrum // Helena Hauff
VÖ: 15.08.2014
Techno ist ja so chic und en vogue. Jedes neue Gadget aus der Apfelfabrik wird auf der Mattscheibe mit loungigem Deep House unterlegt präsentiert, hippe jugendliche Tanzen mit instagramvergessenem Glitzergesicht und Mohawk auf berliner Häuserdächern zu Sonnentechno, während sie den neuen Handytarif von O2 bei der Party ihres Lebens abfeiern. Umso erfrischender, dass mitten im Sommer auch mal ein Album rauskommt, das man lieber in zwielichten Kellerräumen zwischen rostigen Gasrohren und vor sich hin sprudelnden Leitungssystemen genießt.
Shelter heißt das Debut des Werkdiscs-Sprösslings Moiré, dessen bürgerliche Identität bewusst hinter seiner Musik zurücktritt. Abgedroschen hin oder her: hier spricht die Musik einfach wirklich mal für sich. Doch wer nach dem verspulten Ghettoville von Labelchef Actress, das in diesem Jahr der verzückten Avant-Elektronik-Szene ordentlich den Staub von den Bassmembranen vibrierte, auf noch mehr unhörbare Knarztracks und effekthascherische Breaks mit überlayerten Songstrukturen gehofft hatte, dürfte enttäuscht werden. Alle anderen können sich freuen, denn das Album ist trotz erwartbarem Tiefgang und höchstem künstlerischen Anspruch auch noch überraschend tanzbar ausgefallen.
Moirés Kunst manifestiert sich in der geschickten Art, mit der die unterschiedlichen Schichten übereinandergelegt werden, so transparent wie undurchschaubar fürchtet man dauernd, beim nächsten Beat ins Straucheln zu geraten, wird aber glücklicherweise jedes Mal verlässlich aufgefangen. Der intelligent konzipierte Wechsel aus sphärischen Instrumentaltracks mit stark verfremdeten Vocalfetzen und plötzlich auftauchenden satten House-Samples, generiert während des Hörens eine permanent gespannte Aufmerksamkeit. Gleichzeitig findet man sich in einem pulsierenden flow wieder, der das Album wie ein einziges langes Set erscheinen lässt.
Moiré schafft einen symbiotischen Sound, der irgendwo zwischen roughem Techno, basslastigem Deephouse mit perfekt positionierten Acidelementen osziliiert, ohne an Struktur und Originalität zu mangeln. All dies gespickt mit einem Hang zum Experiment und dem Dancefloor gleichermaßen, entsteht hier Musik, deren Schönheit sich erst im direkten Erlebnis mit der dröhnenden Bassbox im Rücken voll entfalten kann. Another Werkdiscs Experience. Hauptsache Beck’s entdeckt sie nicht für die nächste Kampagne.
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