Rezension

Madsen

Kompass


Highlights: Sirenen // Ich Bin Korrupt // Nochmal
Genre: Rock
Sounds Like: Sportfreunde Stiller // Kleinstadthelden

VÖ: 14.08.2015

Madsen sind Madsen sind Madsen. Ein paar nette Menschen aus der niedersächsischen Provinz, die schon seit einiger Zeit ziemlich erfolgreich relativ belanglose Rockmusik mit deutschen Texten machen, meistens nicht tiefgründig, aber dafür eigentlich immer ganz schön catchy. Im Gegensatz zu vielen deutschsprachigen Bands machen sich Madsen nämlich nicht die Mühe, ihre Texte künstlich mit Metaphern und Fremdwörtern aufzublasen. Ehrliche Menschen, ehrliche Musik. Was kann man diesem Bild im Lichte des neuen Albums „Kompass“ noch hinzufügen?

Eigentlich so gut wie nichts. Und das ist das ganz große Problem an der mittlerweile sechsten Platte von Madsen. Es ist kaum zu glauben, dass es schon zehn Jahre her sein soll, dass das selbstbetitelte Debütalbum auf den Markt kam und alle daran erinnerte, dass es möglich ist, ernstgemeinte deutsche Rockmusik zu machen, die kein bisschen peinlich oder prollig ist. Mal mehr und mal weniger erfolgreich verfolgen Madsen seitdem ihren Weg. Ja gut, manchmal zuckt man doch zusammen, wenn man komische Zeilen hört. Und die nautische Metaphorik, die sich an manchen Stellen des Albums findet, ist relativ ausgelutscht und platt. Im Titeltrack „Kompass“ geht es zum Beispiel um Menschen, die einen durchs ganze Leben begleiten und an denen man sich immer orientieren kann. „Leuchttürme“ ist zwar musikalisch ambitioniert und mit einem Zusammenspiel aus ruhigen Strophen und fetten Gitarrenriffs im Refrain eine interessante Abwechslung, aber textlich wirkt das ganze Unterfangen eher unbeholfen: Bei Donner, Blitz, Regen und Schnee / bleibe ich hier einfach stehen / Denn Leuchttürme wanken im Wind / doch fallen niemals um.

Das heißt nicht, dass „Kompass“ keine unterhaltsame Platte wäre. Im Gegenteil: Lieder wie „Ich Bin Korrupt“, „Nochmal“ oder die Single „Sirenen“, die überraschend heavy (und sogar ein bisschen gesellschaftskritisch!) daherkommt, gehen gut ins Ohr und man kann sich gut vorstellen, demnächst auf Konzerten bierselig Wenn das ein Fehler war / dann ist es mir egal zu gröhlen. Liveauftritte sind ja von jeher die große Stärke von Madsen und viele Lieder des Albums eignen sich sehr gut für die großen Bühnen, auf denen die Niedersachsen mittlerweile zu Hause sind. Sogar eine Powerballade für die Feuerzeugschwenker im Publikum ist dabei („Über Die Berge“). Aber Livequalitäten hin, Sympathie her: Man möchte sich eigentlich nicht von Bekannten oder Kollegen dabei erwischen lassen, wie man das Album im Alltag hört oder Zeilen wie Über siebzig Brücken werd' ich geh'n / Ihr werdet es schon seh'n / Ich werde diese Welt verändern / Es ist klar / Ich werd' ein Star / Ich hör' schon den Applaus / Ich trink' nur eben aus vor sich hinsingt. In Anlehnung an die Friendzone könnte man hier von einer Art „Livezone“ sprechen: Auf Festivals und Konzerten ist die Gesellschaft von Madsen sehr willkommen, aber im Privatleben will man doch lieber nicht mit ihnen assoziiert werden. Dafür erinnern die Songs zu sehr an diejenigen, zu denen man vor zehn Jahren schon getanzt hat, ohne aber deren Unmittelbarkeit und Durchschlagskraft zu besitzen. Da hilft es dann auch nichts, dass Madsen eigentlich ganz nette Typen sind.

Lisa Dücker

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Video zur Single "Sirenen"
Video zur Single "Küss Mich"

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