Rezension

Los Campesinos!

Hold On Now, Youngster...


Highlights: Death To Los Campesinos! // Broken Heartbeats Sound Like Breakbeats // You! Me! Dancing!
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Good Shoes // Architecture In Helsinki // The Thermals // Malajube

VÖ: 22.02.2008

2005 sorgten die Arctic Monkeys für große Furore, weil sie die erste Band waren, die rein durch das Internet berühmt geworden ist. Damals war das noch ein großes Ding. Und heute? Beispiel: Los Campesinos! Im März 2006 gegründet, ein paar Songs ins Netz hochgeladen und nachdem die Fangemeinde binnen kürzester Zeit in die Tausender ging, folgte auch schon der Vertrag bei Wichita. Ganze acht Monate hat dieser Prozess gedauert. Solch rasante Erfolgsgeschichten gehen an den meisten Bands nicht spurlos vorüber. Auch Leadsinger und Kopf der Band Gareth machte sich jüngst schon Gedanken darüber, ob es nicht ein wenig absurd sei, bereits jetzt bekannter zu sein als es die eigenen Vorbilder und Lieblingsbands je waren.

Bescheidenheit ist in diesem Falle aber mal alles andere als angebracht. Los Campesinos! klingen nämlich zur Abwechslung mal tatsächlich so, als könnten sie dem Hype um eine Band gerecht werden. Gareth und seine sechs Mitstreiter spielen Musik, die so frisch ist wie die erste Frühlingsbrise. Wie der kleine freche Bruder von Arcade Fire feuern sie Melodie für Melodie aus der Hüfte und strecken dabei auch noch die Zunge raus. Los Campesinos! machen keinen Hehl aus ihrer jugendlichen Unverbrauchtheit und haben trotzdem ein Gespür für großes Songwriting, welches manch alte Pophasen noch sehr viel älter aussehen lässt.

Die Band hat es nicht einmal nötig für ihr Debütalbum, die bereits vorher veröffentlichten „We Throw Parties You Throw Knives“ und „The International Tweexcore Underground“ mit draufzupacken, welche in dem ein oder anderen Indieclub schon die Plattennadel zum Glühen gebracht haben. Stattdessen geht es gleich zu Beginn noch viel doller mit „Death To Los Campesinos!“ los. Schon lange gab es keinen Gute-Laune-Song mehr, der so viel Spaß gemacht hat. Da darf man auch ruhig mal wieder unverblümt Oh-oh-oh´s mitsingen und über die pure Ironie des Songtitels grinsen. Überhaupt, die Songtitel! „Broken Heartbeats Sound Like Breakbeats“ wäre schon allein aufgrund des Namens eine Erwähnung wert. Wenn das dann aber auch noch so klingt, als ob man The Thermals ein Keyboard auf den Hals hetzt, nur um danach eine Vollbremsung hinzulegen, damit man mit wunderschönen Streichern den Song ausklingen lassen kann, dann kennt die Begeisterung vorerst kein Halten mehr.

Braucht sie aber auch nicht, denn es reihen sich ohnehin fast nur Hit an Hit aneinander. Ob das nun der Violinenritt „This Is How You Spell 'HAHAHA, We Destroyed The Hopes And Dreams Of A Generation Of Faux- Romantics'“ (die Songtitel!), das herrlich zerrissene “…And We Exhale And Roll Our Eyes In Unison” oder DER Hit “You!Me! Dancing!” ist. Überraschend ist zudem, dass Los Campesinos! es schaffen, auf einem ganzen Album ununterbrochen ein Glockenspiel unterzubringen, ohne dabei auch nur eine Sekunde nervtötend zu sein.

Auch textlich lässt sich Gareth nicht lumpen und bietet mit Themen, wie u.a. Bandshirt-Bekanntschaften, Koffeinsucht und typischen Szeneeigenheiten mehr als genug Futter für all diejenigen, die bei Mini-Alltagsgeschichten häufiger mal grinsend mit dem Kopf nicken. Da spricht uns mal endlich wieder einer aus der Seele, oder besser gesagt zwei, denn Keyboarderin Aleks hat den zweiten Job am Mikro inne und gerade dieser Umstand ist es, welcher die letzte Brise Salz zu einer ohnehin schon mehr als schmackhaften Suppe ausmacht. Los Campesinos! machen zwar noch nicht alles richtig (wer hätte das auch erwartet?), aber so viele einzigartige Popperlen wie auf „Hold On Now, Youngster…“ wird man dieses Jahr nicht allzu häufig auf anderen Alben zu hören bekommen.

Benjamin Köhler

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