Rezension
King Krule
The Ooz
Highlights: Czech One // Lonely Blue // Logos
Genre: Jazz // Hip Hop // Downtempo // Punk // Psychedelia
Sounds Like: Tom Waits // Devendra Banhart // Homeshake
VÖ: 13.10.2017
„The Ooz“, ein Album, das unter anderem von Körpersäften handelt, zerfließt in trippigem Jazz. Darauf stilisiert sich Archy Marshall mit seinem Zweitwerk als King Krule gekonnt zu einem Tom Waits einer neuen Generation.
Denn die Mischung aus dem Gefühl von Einsamkeit, schlaflosen, getriebenen Nächten und paranoiden Gedanken dürfte in ihrer letztlich unoriginellen Universalgültigkeit in einem Großstadtleben die meisten Menschen auf irgendeine Weise erreichen. Doch die Art, wie Marshall diese vorträgt, lassen den Genius und Gestus eines ganz Großen erkennen. Wie sich der Londoner stimmlich im Rampenlicht positioniert und dabei verwundbar zeigt, getragen nur von schiefen Melodienentwürfen, die mal repetitiv und wie Samples erscheinen, mal zugedröhnten Jams einer Zombie-Band gleichen, gelingt ihm jedenfalls mit staatsmännischer Sicherheit.
Wer sich „The Ooz“ ganz unbedarft nähert, könnte schnell eintauchen, gar untertauchen in den neunzehn Stücken, die einen nie langweilen und immer wieder herausfordern, da sie, obwohl in ihrer Gesamtheit einer wabernden Masse gleichend, den ein oder anderen stilistischen Haken schlagen. Angejazzter Hip-Hop oder rhythmischer Jazz wäre da noch die einfachste Disziplin, da gerade stark "en vogue" und kein absolutes Neuland mehr auf der musikalischen Menükarte junger Songwriter. Doch Marshall liefert ebenso verstrahlte Bossa-Nova-Rhythmen, Punk aus dem Pub um die Ecke und das dumpfe Echo des düsteren Elektro-Clubs daneben, wo gerade die Lichter angehen.
Er zieht damit all jenen den Stecker, die Marshall als Eintagsfliege abgestempelt hatten, am Leben erhalten von ein bis zwei guten Kollaborationen mit Bands wie Mount Kimbie. Neunzehn Stücke auf einem Album sind an sich ja schon eine Zumutung, nicht aber hier. Man möchte gar nicht mehr auftauchen aus all dem schrägen, dystopen Schnodder, den der Brite einem serviert (eigentlich schreibt man es „ooze“ und nicht „ooz“, zu deutsch so etwas wie Schleim, der sich am Boden einer Flüssigkeit absetzt). Nein, wer so ein Album aufnimmt, von dem ist noch einiges zu erwarten.
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