Rezension

Kelly Lee Owens

Inner Song


Highlights: On // Corner Of My Sky // Wake-Up
Genre: Elektro
Sounds Like: Laurel Halo // Anika // Daniel Avery

VÖ: 28.08.2020

Nach dem Erfolg ihres Debütalbums fiel Kelly Lee Owens in ein Loch. Sie selbst beschreibt die letzten drei Jahre als „die härteste Zeit ihres Lebens“. Lange war nicht klar, ob die Waliserin überhaupt noch einmal zur Musik zurückfinden würde oder nicht. Letztendlich berappelte sich Owens und schloss sich vergangenen Winter mehr oder weniger ins Studio ein, zusammen mit Kollaborateur und Produzent James Greenwood. Dabei verfolgten die beiden einen neuen Ansatz: Statt Perfektion zu suchen, ließen sie sich beim Aufnahmeprozess einfach treiben.

„Inner Song“ wirkt tatsächlich erstaunlich ungezwungen. Die Platte hat einen tollen Flow, auch wenn der Einstieg mit dem Radiohead-Cover „Arpeggi“ mehr als ungewöhnlich scheint. Im weiteren Verlauf des Albums offenbart sich aber, dass der Song an dieser Position wunderbar passt und Sinn macht. Nach wie vor steckt Owens mit ihrem Sound ein weites Feld zwischen eher vocal-basiertem Elektro-Pop und clublastigen Technoklängen ab. Wirkten auf dem Debüt dabei noch einige Tracks etwas skizzenartig, so weisen die neuen Stücke deutlich mehr Struktur auf.

Wie sehr sich Kelly Lee Owens als Songwriterin und Produzentin weiterentwickelt hat, wird vor allen Dingen bei dem über sieben Minuten langen „Corner Of My Sky“ deutlich. Avantgarde-Legende John Cale gibt sich hier mit seinem typisch stoischen Sprechgesang die Ehre. Owens legt darüber ein hypnotisches Gebilde aus Drone-Sounds, das sich im Laufe der Spielzeit immer weiter zuspitzt und unweigerlich in seinen Bann zieht. Eine weitere unglaublich gelungene Kollaboration, nach der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Jenny Hval auf dem ersten Album. KünstlerInnen mit Affinität zu elektronischen Klängen sollten sich ernsthafte Gedanken machen, ob sie Kelly Lee Owens nicht als Produzentin anheuern. Einen besseren Leistungsnachweis kann man kaum erbringen.

Selbstverständlich soll „Inner Song“ aber bloß nicht als reines Bewerbungsschreiben verstanden werden. In erster Linie handelt es sich hierbei immer noch um ein mehr als beachtenswertes Werk einer Frau, die sich nach einer harten Zeit eindrucksvoll zurückgemeldet hat. Spätestens jetzt muss man Kelly Lee Owens auf dem Zettel haben und angesichts dessen, wie viel Potenzial da immer noch schlummert, wird man den Namen so schnell nicht von diesem Zettel streichen.

Benjamin Köhler

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