Rezension

Kaiser Chiefs
Off With Their Heads
Highlights: Never Miss A Beat // You Want History // Good Days Bad Days
Genre: Indie-Rock
Sounds Like: The Hives // Blur // Cold War Kids
VÖ: 17.10.2008

Bin ich Mainstream? Eine Frage, die man sich in jüngeren Jahren schon mal stellen durfte. Da kamen die großen Jungs und feuerten Salven von unbekannten Bandnamen auf einen ab, und man selbst kannte davon nichts, aber auch rein gar nichts. Ein Glück, dass es das Haldern Pop Festival gibt; eine Informationsgrube für den ungebildeten Möchtegern-Cordhosenträger. Wir schreiben das Jahr 2005 und die Kaiser Chiefs betreten die Bühne und werden zu einem der großen Highlights des Festivals. Das war neu, selbst für geschundene Indie-Ohren. Der Rest ist bekannt. Das Debütalbum "Employment" wurde zum Meilenstein. Titel wie "Everyday I Love You Less And Less", "I Predict A Riot" oder "Oh My God" gerieten zum Standartinventar eines jeden Zappelbuden-DJs.
Und dann kam Ruby. Plötzlich kannte mein Nachbar (35 Jahre, Technojünger) die Kaiser Chiefs. Frontmann Ricky Wilson wurde in der Zwischenzeit mit dem Präfix "Rampensau" ausgezeichnet und im Radio und TV waren die fünf Engländer alsbald omnipräsent. Soviel zum Werdegang der Kaiser Chiefs. Für das neue Album kollaborierten die Engländer mit Mark Ronson, eine Wahl, die auf eine angestrebte Neudefinierung schließen ließe. Und "Off With Their Heads" beschert uns tatsächlich eine spürbare Veränderung der Band. Denn wenn man so will, ist es ihr erstes Album, das nicht ab der ersten Minute herausragend ist. Zugegeben, ich bin schon enttäuscht, dass die erste Single "Never Miss A Beat" die anderen Titel gefühlt um Längen hinter sich lässt. Ich drücke auf "Open" und die Platte wandert in die hinterste Ecke meines Schreibtisches.
Ein Tag Reinhörpause.
"Off With Their Heads": die Zweite. Man hat nun komischerweise sofort das Gefühl, ein ganz anderes Album zu hören. Ist das vielleicht die Macht des Unbewussten? Alles wirkt völlig gewohnt als hätte man es schon Jahre im Schrank stehen. Man hört die elf Titel am Stück und stellt keinerlei Qualitätsunterschiede zur ersten Single mehr fest. Wie oft benutzt man das Wort "gewöhnungsbedürftig", um sich aus der Affäre zu ziehen? Ich traue mich mal: Das neue Album der Kaiser Chiefs ist gewöhnungsbedürftig.
Der erste Titel "Spanish Metal" macht das deutlich. Eine psychedelische Geisterbahnfahrt durchs Flamencoland. Ungewohnt harte Riffs in Moll, gebrochen von unerwarteten Melodieeinwürfen à la Maximo Park. Ein wirklich beeindruckender Beginn. Darauf folgt mit "Never Miss A Beat" neben der ersten Single auch der Titel mit der größten Deckungsgleichheit gegenüber den zwei Vorgängeralben. Ein treibender, urtypischer und guter Dampfhammersong, der bei den kommenden Konzerten der Kaiser Chiefs mit Sicherheit wie einst "Ruby" gefeiert wird. Der Preis für den wohl tanzbarsten Song geht an "You Want History". Dafür sorgen vor allem Nick Baines an den Tasten und das geniale Schlagzeugsolo von Nick Hodgson im Mittelteil.
"Good Days Bad Days" erinnert spontan an Blur, ein Einfluss, der während der gesamten Platte nicht zu überhören ist. Zum Beispiel bei "Always Happens Like That". Ein lockerluftig dahin hüpfendes Lied mit freundlicher Unterstützung durch Lily Allen, die seit ihrem "Oh My God"-Remake genauso mit den Kaiser Chiefs verbunden scheint wie Mark Ronson, der mit der Platte wieder einmal seinen guten Riecher bewiesen hat. Es ist schon erstaunlich, dass "Off With Their Heads" eine Platte für den zweiten, dritten und zigsten Blick ist und mit jedem Hören besser zu werden scheint. Die Etablierung der Band im Mutterland der Indie-Musik schreitet weiter voran. Das zeigen auch die pausenlosen Anfeindungen durch die Gallagher-Brüder, was auf der Insel ja quasi einem Ritterschlag gleichkommt.
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