Rezension

Highasakite

Silent Treatment


Highlights: Leaving No Traces // I, The Hand Grenade // Iran
Genre: Indiepop // Folkpop
Sounds Like: The Little Hands of Asphalt // Zola Jesus // The Lumineers // Likke Li

VÖ: 29.08.2014

Was kann man von einer Gruppe, die sich Highasakite nennt, erwarten? Eine total bekiffte Bande, die Pete Dohertys Nachfolge anstrebt? Zugedröhnte Gitarrenriffs, wie sie dem alten Hendrix eine wahre Freude wären? Mitnichten! Denn die fünf Norweger, um die es hier geht, waren sich der drogenbezogenen Leseweise angeblich überhaupt nicht bewusst, als sie ihren Bandnamen auswählten. Ganz im Gegenteil, die Band übernahm den Ausdruck aus einem Elton-John-Song und hatte im wörtlichen Sinne einen bunten Drachen, der sich in den Himmel erhebt, vor Augen. Und doch kann „high as a kite“ auch die pure Euphorie meinen; das mit dem Kopf in den Wolken und Wahnsinnig-gut-drauf-Sein.

Auf dieses Gefühl kann man sich auch einstellen, wenn man sich „Silent Treatment“, das zweite Album der Band, anhört. Spätestens nach einigen Songs wird man sich kaum mehr der positiven Energie, die uns auf dieser Veröffentlichung entgegen sprudelt, verwehren können. Dabei fängt das Album eher melancholisch an. „Lover, Where Do You Live?“ ist ein Klagelied einer lange vergangenen Liebe. Ingrid Helene Håviks Stimme ist hier wehmütig und doch glasklar und stark, nicht im Geringsten brüchig oder gar fragil. Schon der zweite Song wandelt dann jedoch eher auf den Spuren des gefeierten Debüts „All That Floats Must Rain“. Die Single „Since Last Wednesday“ ist ein melodischer Popsong im besten Sinne und wurde gar zur Hymne der Berlin Music Week auserkoren. Spannend wird es ab dem dritten Song, „Leaving No Traces“. Der Gesang wird vielstimmiger, die Rhythmen vielfältiger. Das Quintett, das sich 2012 auf dem Trondheimer Jazz-Konservatorium kennenlernte, zeigt nun seine ganze Variabilität. Die Songs pendeln zwischen Aufbruchstimmung und Düsternis. Hat man beim folk-poppigen „Leaving No Traces“ vielleicht Bilder einer weiten skandinavischen Landschaft im Mittsommernachtsglanz vor Augen, so wartet einige Takte später das herausragende „I, The Hand Grenade“ eher mit klaustrophobischer Enge auf. Die extravagante Ethno-Einlage in „Iran“ führt uns Håviks Gesangskünste noch einmal eindrücklich vor Ohren. Wie auch das helle „Darth Vader“ lädt dieser Song zum Tanzen ein, bevor das Album dann endet, wie es begann. Highasakite sind eben nicht nur himmelhochjauchzend, sondern klingen hin und wieder auch zu Tode betrübt.

„Silent Treatment“ nistet sich irgendwo zwischen Lykke Li, Zola Jesus und gutgelauntem Folkpop ein. Die Stimmung wechselt schneller als das Wetter im Trondheimer Hinterland, und so sind die zehn Songs alles andere als eintönig – zwischen träumerischer Leichtigkeit und bedächtiger Schwere ist hier alles möglich. Kein Wunder also, dass es das Album, welches hierzulande noch eher als Geheimtipp durchgeht, in Norwegen schon auf Platz 1 der Charts geschafft hat. Wir können also nur wärmstens empfehlen, sich dieses Album baldmöglichst anzuhören – aber bitte ganz nüchtern, wir wollen ja keine der tausend verschiedenen Nuancen verpassen!

Christoph Herzog

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