Rezension

Evening Hymns

Quiet Energies


Highlights: Light As A Feather // Connect The Lines
Genre: Indie-Rock // Folk-Rock
Sounds Like: Elvis Costello // Tom Petty // The Wooden Sky

VÖ: 16.10.2015

Zugegeben, mitunter haben es Musiker nicht immer leicht. Veröffentlichen sie nach ihrem Debüt ein weiteres, ähnlich klingendes Album, wird ihnen nicht selten fehlende Weiterentwicklung und mangelnde Innovation vorgeworfen. Verändern sie ihren Sound jedoch zu sehr, wird stattdessen kritisiert, dass sie den eigenen Stil noch nicht gefunden haben und immer noch auf der Suche sind. Wie man es macht, ist es also verkehrt, möchte man meinen.
Als Musiker tut man daher gut daran, sich von diesem Schwarz-Weiß-Denken nicht beeinflussen zu lassen und sein eigenes Ding zu machen, unabhängig von allen erdenklich möglichen Kritiken. Neuestes Beispiel: Jonas Bonnetta.

Der kanadische Musiker, der seit 2007 unter dem Namen Evening Hymns vor allem für seinen eher düsteren Folk bekannt war, veröffentlicht nun mit "Quiet Energies" ein Album, das man so gar nicht erwartet hätte. Nach dem äußerst intensiven, melancholischen Vorgängeralbum "Spectral Dust", welches sogar für den "Polaris Music Prize" nominiert wurde, und das sich in Klang und Melodie sehr stark am Debüt "Spirit Guides" orientierte, lag die Vermutung eigentlich nahe, dass Bonnetta auch dieses Mal wieder an den bislang typischen Evening-Hymns-Sound anknüpfen würde.
Doch weit gefehlt. "Quiet Energies" könnte man fast schon als ein Rockalbum bezeichnen, denn statt Akustikgitarre und Streicher sind es dieses Mal vor allem E-Gitarre, Drums und Synthies, die den Sound auf dem mittlerweile dritten Album vorgeben. Inspiriert von Tom Petty, den Bonnetta im Vorfeld der Aufnahmen laut eigener Aussage hoch und runter hörte, stellt "Quiet Energies" für den Kanadier eine Art Road Trip dar, einen großen Schritt nach vorne, der für Bonnetta nach dem Tod seines Vaters auch unabdinglich war.

War dieser Schicksalsschlag noch der vorherrschende und einflussreichste Faktor auf "Spectral Dust", sowohl was den Sound als auch das Songwriting anging, klingt der Sänger aus Ontario nun viel optimistischer, zuversichtlicher, kraftvoller – eben viel energischer. Völlig unpassend wäre daher für Bonnetta ein erneut ruhiger und bedrückender Sound gewesen. Und so klingt "Quiet Energies" stattdessen vielmehr nach Indie-Rock ("If I Were A Portal"), Elekto-Pop ("Connect The Lines"), Folk-Rock ("Oh Man You'll Walk Again And Again") und teilweise sogar ein wenig nach Power-Pop ("All My Life I've Been Running"). Lediglich bei "Light As A Feather", dem letzten Stück des Albums, werden Erinnerungen an die beiden Vorgängeralben wach, wenn Bonnetta wieder die Akustikgitarre in die Hand nimmt und sanft und verträumt über Abschied und Neuanfang singt.

Klar, man könnte Bonnetta bei all den Veränderungen und den unterschiedlichen Genres auf "Quiet Energies" nun vorwerfen, seinen Stil noch nicht wirklich gefunden zu haben. Man könnte ihn aber auch beglückwünschen zu einem Album, das gerade deswegen einen großen Schritt nach vorne darstellt und zeigt, dass der Sound von Evening Hymns doch mehr ist als verträumter, melancholischer Folk.

Benjamin Schneider

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Stream zu "All My Life I've Been Running"

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