Rezension

Damien Jurado

Visions Of Us On The Land


Highlights: Exit 353 // And Loraine // Kola
Genre: Indie // Singer-Songwriter // Folk-Rock // Psychedelic-Pop
Sounds Like: Devendra Banhart // J. Tillman // Bonnie Prince Billy // Elliot Smith

VÖ: 18.03.2016

Kollege Martens monierte vor kurzem beim neuen Album von „The Dirty Nil“, dass ein Platten-Rezensent oftmals voreilig als faul bezeichnet wird, wenn man ein Album ausschließlich einem einzigen Genre zuordnet, anstatt eine Vielzahl weiterer Schubladen zu öffnen. Im Falle von „The Dirty Nil“ ist die Reduzierung auf ein einziges Genre absolut berechtigt, bei Damien Jurado sieht die Sache jedoch wiederum ganz anders aus.

Denn obwohl Jurado in den vergangenen zwanzig Jahren als Musiker auf eine unfassbar vielseitige und abwechslungsreiche Karriere zurückblicken kann, wird er größtenteils immer noch ausschließlich in die Singer-Songwriter-Schublade gesteckt. Zugegeben, es gibt wohl kaum einen Musiker unserer Generation, der mit wenigen Worten so unglaublich wunderbare und gefühlvolle Songs schreiben kann, wie der Mann aus Seattle. Doch dem klassischen Bild eines Gitarre spielenden Songwriters entspricht Jurado schon lange nicht mehr, was auf „Visions Of Us In The Land“, seinem mittlerweile zwölften Album, wieder mehr als deutlich wird.

Das Album ist der dritte und somit letzte Teil einer Album-Trilogie, die 2012 mit „Maraqopa“ begonnen hat, und 2014 mit „Brothers And Sisters Of The Eternal Son“ fortgesetzt wurde. Wie schon auf den beiden Alben zuvor steht auch dieses Mal die Reise eines namenlosen Außenseiters im Mittelpunkt der insgesamt 17 Songs, dessen Ziel es ist, sich der Gesellschaft komplett zu entziehen, um sich dadurch universelle Wahrheiten zu erschließen. In bester Songwriter-Manier erzählt Jurado von der Sehnsucht, Rastlosigkeit und Selbstfindung des Protagonisten, und ja, würde man Jurado nur darauf reduzieren, wäre er in der Singer-Songwriter-Schublade bestens aufgehoben. Doch musikalisch zeigt der Musiker aus Seattle unzählige weitere Facetten und macht dadurch wie schon bei den beiden Alben zuvor deutlich, dass er sich keinesfalls auf den Jungen mit der Gitarre reduzieren lässt.
Im Song „Exit 353“ beispielsweise spielt Jurado feinsten 70s-Rock, während „Cinco De Tomorrow“ deutlich psychedelische Einflüsse mit sich bringt. Auffällig groovig wird es bei „Walrus“, und bei „And Loraine“ handelt es sich wiederum um eine klassische Folknummer. Insgesamt finden sich so auf „Visions Of Us In The Land“ statt rein akustisch begleiteter Songs vielmehr komplexere Songstrukturen, grandiose Streicherarrangements, Saxophone und Fuzz-Gitarren und statt klassischer Singer-Songwriter-Musik vielmehr ein Sound irgendwo zwischen Indie, Progressive Folk und Psychedelic.

Vor kurzem sagte J. Tillman alias Father John Misty über Damien Jurado „er ist die Knarre, der lila Ameisenbär, die Papierflügel, die Lawine, das Desaster während der Flugshow, Ohio und der Geist der Ehefrau seines besten Freundes“, und trifft es damit ziemlich auf den Punkt. Der Mensch Damien Jurado lässt sich nun mal nicht in nur eine Schublade stecken, genauso wenig wie seine Musik. Nach “Visions Of Us In The Land” weniger denn je.

Benjamin Schneider

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