Rezension

Broken Records

Until The Earth Begins To Part


Highlights: If The News Makes You Sad, Don't Watch It // A Promise // If Eilert Loveborg Wrote A Song, It Would Sound Like This // Wolves
Genre: Folk-Rock // Alternative-Country
Sounds Like: Murder By Death // Antony & The Johnsons // Arcade Fire // Nick Cave & The Bad Seeds

VÖ: 05.06.2009

Seitensprünge, Frustbesäufnisse, Korruption, Geldgier. Sünden über Sünden, dem Stereotyp nach alles in erster Linie Laster des modernen Mannes. Nur des modernen? Wer weiß. Ist es womöglich gar nicht seine Natur, sondern seine Umgebung, die den Mann in dieses frevelhafte Wesen verwandelt? Es bleibt zu hoffen. Jamie Sutherland, Kopf von Broken Records, scheint die Schuld tatsächlich in unserer Zeit zu suchen. Denn generell könne er sie nicht ausstehen, Männer. Besonders die in den teuren Anzügen. Drum schreibt er Songs darüber, was sie so tun und wer dafür büßen muss. Ein Album voller Sünde, mit einem Titel, der doch auf so viel Romantischeres hoffen lässt. Und das nicht vergebens.

Sünde, Romantik und auch noch Folk-Rock? Wer da schon längst an Murder By Death gedacht hat, liegt vollkommen richtig. Und Cello, Violine und Akkordeon sind bei Broken Records nicht nur verzierende Studiospielerei, sondern Fundament dieses schottischen Septetts. Ja, sie sind tatsächlich zu siebt. Ungewöhnlich genug, möchte man meinen, doch ist das noch nicht das Ende vom Lied. Denn dieses schreiben Broken Records normalerweise als Kollektiv. Dass so gerade die Gitarre einmal nicht als Leitinstrument herhalten muss, macht „Until The Earth Begins To Part“ spannender, empathischer und natürlich: sperriger.

Der schnellste Zugang läuft da über die Stimmung. Denn so wehklagend ihre Vorzeichen auch sein mögen, diese Platte malt nicht nur den Teufel an die Wand. Die Leinwand aus Holz, sind es viele Braun- und Beigetöne, die zusammenfließen und Gefühlswelten erst überfluten, um sie dann mit einem Feuerregen zu segnen. Gleichend dem Gefühl, irgendwo im schottischen Nirgendwo bei mundendem Bier in einer molligen Bar zu sitzen, gegen das Wissen ankämpfend, dass der Heimweg durch die von seit Tagen durch gnadenlosen Regen widerlich miefenden Gassen der Innenstadt führen wird. Immer wieder dringt Euphorie durch, auch manches Mal wird getanzt, wenn die Band, die an diesem Abend spielt, im flotten Tempo ihren keltische Folklore zum Besten gibt.

Kaum überraschend, dass auf Konzerten dieser Band Menschen tatsächlich volkstümliche Tänze aufführen sollen. Denn besonders flotte Songs wie „If The News Makes You Sad, Don't Watch It“ oder „A Good Reason“ werden so durch Streicher getrieben, dass sie mitreißen, nur um – teilweise noch im selben Song – durch basslastige Klavierfiguren kontrastiert zu werden. Songwriting in einer ganz eigenen Liga. Dass Jamie Sutherland zudem ein markerschütternd ergreifender Sänger ist, der selbst seine Falsettstimme bombensicher beherrscht, hätte da fast schon nicht mehr den Weg in diese Rezension gefunden.

Wann war Folk-Rock das letzte Mal so emotional überbrodelnd? Vielleicht noch nie? Und wie heißt der Sieger im Kampf Sünde gegen Romantik? Sutherland bleibt uns die Antwort zwar schuldig. Aber wer mit so viel Herz zu Werke geht, dem gebührt allumfassende Absolution. Frevelei hin oder her, diese Sieben sind aus dem Schneider.

Gordon Barnard

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