Rezension

Young Guv

Guv II


Highlights: Caught Lookin’ // She’s A Fantasy // Can I Just Call U
Genre: Power-Pop // Psych-Pop // Slacker-Rock
Sounds Like: The Posies // Ariel Pink // The Byrds

VÖ: 25.10.2019

Um es vorwegzunehmen: Es fällt nicht leicht, Young Guvs viertes Album „Guv II“ zu rezensieren. Zu sehr stehen das Konzept Album und die fast schon anarchische Haltung des Kanadiers zu Stilmixen und Anleihen in Konflikt – kaum möglich, sich hier nicht für eine Position zu entscheiden. Der Opener „She’s A Fantasy“ beginnt mit einer Power-Pop-Gitarre, die Gesangslinie der Strophen steigt und fällt im Stile von The Byrds. Der dritte und stärkste Song „Caught Lookin’“ wiederum erinnert in Gesang und LoFi-Ästhetik an Ariel Pink – und hier ist leider auch schon der angesprochene Konflikt auszumachen: Es war alles schon da. Die Achtziger sind schon lang zurück, unzählige Indie-Bands streuen psychedelische Sounds der Sechziger ein, weil sie sich davon einen Touch Hipness versprechen. Dieses Kalkül möchte und kann man Young Guv nicht unterstellen, aber dieser Clash von Stilen und Referenzen funktioniert nur auf Kosten eines konsistent wirkenden Albums. Das auf „Caught Lookin’“ folgende „Trying To Decide“ klingt dann nach einer 2000er-Indie-Dancefloor-Version von The Cure.

Viele der Bands und Künstler, die aktuell Retro-Musik machen, überzeugen gerade damit, dass sie sich einen bestimmten Stil aneignen, ihn modernisieren und so bestenfalls zu etwas eigenem machen – das geschieht allerdings maßgeblich dadurch, dass sie ihn auf Albumlänge ausführen. Das bedeutet nicht, dass „Guv II“ ein schlechtes Album ist, denn die meisten Songs funktionieren für sich genommen sehr gut. Nur fügen sie sich beim Hören nicht zu einer Einheit zusammen, es wirkt streckenweise fast wie ein Sampler – und das kann man ja durchaus auch mögen. Wahrscheinlich ist Konsistenz gar nicht der Anspruch des Kanadiers, waren doch auch vorangegangene Alben ein wilder Mix, fällt doch das starke Synth- und Sample-getriebene „2 Sad 2 Funk“ von letztem Jahr so sehr aus seinem sonstigen Schaffen heraus, dass man ihn darauf für einen anderen Künstler halten könnte (dem Autor dann auch tatsächlich passiert).

Young Guvs „Guv II“ ist wie ein Blumenstrauß, gepflückt von einem Grundschüler am Muttertag. Die Liebe und die Bemühung sind spürbar, die meisten Blumen sind auch wirklich schön – aber so richtig stimmig wird es nicht. Man holt trotzdem eine Vase, stellt den Strauß hinein und schaut ihn sich gerne an – eine Zeit lang.

Per Horstmann

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