Rezension

Wild Beasts

Boy King


Highlights: Celestial Creatures // Big Cat // Dreamliner
Genre: Experimenteller Pop
Sounds Like: These New Puritans // Talking Heads // Everything Everything

VÖ: 05.08.2016

Wer im Vorfeld der Aufnahmen zu einer neuen Platte anmerkt, dass die Songs darauf nach einer Mischung aus Justin Timberlake und Nine Inch Nails klingen sollen, muss entweder nicht ganz dicht oder ein unfassbares Genie sein. Da diese Aussage von keinem geringeren als Hayden Thorpe, Sänger und Gitarrist der Wild Beasts, kommt, kann Ersteres jedoch nahezu ausgeschlossen und die Befürchtung um seinen schwindenden Geist getrost ignoriert werden. Dennoch hat er mit diesen beiden musikalischen Gegenpolen eine stilistische Richtung vorgegeben, die wahrlich nicht einfach zu fassen ist. Doch die Wild Beasts wären nicht eine der besten Indie-Bands der letzten Jahre, wenn sie nicht auch diese Herausforderung auf ihrem mittlerweile fünften Album meistern würden.

Die Gründe für diese stilistische Tabula Rasa sind vielseitig: Thorpe selbst fühlte sich in erster Linie von der bisherigen Herangehensweise beim Schreiben neuer Songs zu sehr eingeschränkt, als dass er es ein weiteres Mal genauso machen wollte wie zuletzt. Zudem konnte die Band ihren angestauten Unmut und ihre umfassenden Aggressionen auf die zunehmend triebhafte Welt nicht länger kontrollieren und wollte daher ein Album schreiben, bei dem sie genau diesen Gefühlen freien Lauf lassen konnte – ohne Rücksicht auf jegliche musikalische Konventionen.

Produzent John Congleton (St. Vincent, Modest Mouse, Swans) hatte also wahrlich keine leichte Aufgabe, als sich die Band für die Aufnahmen von London nach Dallas aufmachte. Und doch gelang es ihm, genau diese Gefühle und die von der Band erstrebten stilistischen Gegensätze in insgesamt zehn großartige Songs zu packen. Gedämpft eingesetzte Gitarren treffen so auf intensive Drums, schlagende Bässe auf hypnotische Synthies und Popdisco auf raue Industrial-Sounds. Dazu harmonieren die beiden Stimmen von Hayden Thorpe und Bassist Tom Flemming so gut wie schon lange nicht mehr, wenn sie in sehr dunklen und düster gehaltenen Lyrics über Themen wie Tod, Sex, Begierde und die triebgesteuerte Rolle der Männlichkeit im 21. Jahrhundert singen.

Insgesamt also alles andere als leichte Kost, die uns die Wild Beasts auf ihrem fünften Album servieren, doch mit „Boy King“ ist ihnen ein intensives und aufrüttelndes Album gelungen, das weder in Justin Timberlakes noch in Trent Reznors Plattensammlung fehlen sollte.

Benjamin Schneider

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