Rezension

Turbostaat

Abalonia


Highlights: Ruperts Gruen // Der Wels // Wolter // Abalonia
Genre: Punk // Indie
Sounds Like: Muff Potter // Love A // Dackelblut

VÖ: 29.01.2016

Konzeptalbum. Ein Begriff, der in der Musikszene immer wieder genannt wird, um ein Album als etwas Besonderes zu beschreiben, ohne wirklich auf dessen Qualitäten einzugehen. Gerne auch von den Bands selber oder deren Promo-Agenturen benutzt, um einen mehr oder weniger vorhandenen roten Faden, der sich durch die Lieder zieht, zu erwähnen. Alles schön und gut, aber ein Konzeptalbum von Turbostaat, einer Band, die es doch so gut versteht, kleine voneinander unabhängige Geschichten in ihren Songs zu erzählen? Zweifel sind hier sicherlich angebracht. 

Nehmen wir es vorweg: Sie haben es geschafft, und das sehr gut. Zehn Stücke erzählen auf Abalonia die Geschichte von Flucht und Krieg, von Hass und Angst. Wie die Faust aufs Auge passt das Album in eine Zeit von Schießbefehlen, Pegida und Bürgerwehren. Ein geschickter Schachzug, um die Verkaufszahlen zu steigern? Nein, dafür bleiben die Husumer zu dezent und unauffällig. Nimmt man sich aber die Zeit und gibt "Abalonia" mehrere Durchgänge, erkennt man, wie verflochten die Lieder miteinander sind und zeigt ein durchdachtes Gesamtbild, das das eine oder andere Stück noch einmal in ein ganz anderes Licht rückt. 

Bestes Beispiel hierfür ist wohl “Eisenmann”. Eindeutig ruhiger als der Tenor des Albums, so weiß man zu Beginn nicht genau, was man damit anfangen soll. Und würde der geneigte Turbostaat-Fan als erstes Lied “Eisenmann” hören, getrennt vom Alben-Kontext, würde er sich vielleicht gar nicht erst weiter mit dem sechsten Studiowerk der Norddeutschen befassen, zu sehr unterscheidet sich das Stück vom rauen Sound von “Vormann Leiss”. Eingebettet in die 43-minütige Geschichte ist “Eisenmann” jedoch eine schöne Abwechslung und ein wichtiges Puzzleteil. 
Selbstverständlich ist aber auch einiges für den alteingesessenen Turbostaat-Anhänger zu hören. Etwa mit “Der Wels”, einem unauffälligen Protestsong gegen Pegida, der den typischen Sprech-Gesang Ebsens gepaart mit den ebenso bekannten Gitarren- und Schlagzeug-Klängen der 16jährigen Bandgeschichte erklingen lässt, oder “Abalonia”, der ersten Singleauskopplung und dem Abschluss der Platte, der genug Interpretationsspielraum für den Ausgang der Geschichte lässt. 

Somit ist “Abalonia” das perfekte Beispiel dafür, dass sich Punk und das Prinzip des Konzeptalbum mitnichten ausschließen und ein passender Entwicklungsschritt für Turbosstat, die zeigen, dass sie zu den größten Geschichtenerzählern der deutschen Musikszene gehören - auf kleiner und großer Ebene.

Lewis Wellbrock

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