Rezension

tUnE-yArDs

W H O K I L L


Highlights: My Country // Powa // Bizness // Killa
Genre: Lo-Fi // Indie // Experimental // Afro-Pop
Sounds Like: Dirty Projectors // Gang Gang Dance // Architecture in Helsinki // The Fiery Furnaces // Santigold // The Very Best

VÖ: 15.04.2011

Irgendwie ist tUnE-yArDs ein Bandname, den man intuitiv eher mit einem großen Kollektiv verbinden würde. So ein bisschen in Richtung Broken Social Scene, nur etwas kindischer veranlagt aufgrund der komischen Schreibweise. In Wirklichkeit verbirgt sich hinter dem Namen aber nur die Kanadierin Merrill Garbus. Ob sie besonders kindisch ist, ist nicht überliefert, exzentrisch jedoch definitiv, zumindest, was das Optische angeht. Für die Aufnahmen des neuen Albums "W H O K I L L" hat Garbus erstmals ein Tonstudio aufgesucht, während das Debüt noch in den eigenen vier Wänden eingespielt worden war. Bedeutet das, dass die akustische Komponente mittlerweile angepasster ist als die optische? Die Antwort ist ein klares "Nein".

Nur wenige Interpreten stellen ihre unkonventionelle Auffassung von Musik so offensiv zur Schau wie tUnE-yArDs. Das fängt schon beim Opener "My Country" an, einem kruden, hektischen Mix aus Lo-Fi-Indie und Afropop, dem Garbus mit ihrer durchdringenden, aber gut ausgebildeten Stimme ihren Stempel aufdrückt – bis gegen Ende des Songs einfach wild durcheinander gejammt wird. Generell setzt die Interpretin ihre eigene Stimme über das gesamte Album hinweg gekonnt als zusätzliches Instrument ein. Nicht immer gibt es überhaupt Lyrics, an vielen Stellen werden stattdessen einfach Laute gebildet, beispielsweise, wenn Garbus in "Gangsta" eine Polizeisirene imitiert. Ohne Zweifel ein netter Einfall, dennoch geht der Song insgesamt in seiner Dissonanz schon einen Schritt zu weit.

Generell wandelt tUnE-yArDs auf einem schmalen Grat zwischen Einfallsreichtum und gezwungen wirkendem Lo-Fi-Aktionismus, der über ein angenehmes Maß hinausgeht. Da tut ein ruhigerer Soul-Track wie "Powa" gut, um einmal ein paar Minuten zu entspannen. Das heißt aber nicht, dass die einmal durch den Wolf gedrehten Songs, die auf "W H O K I L L" deutlich in der Überzahl sind, nichts taugen. Zwar klingen diese manchmal, als würde man auf einem Haufen Kleinteile vom Schrottplatz herumschlagen, aber das, was man auf dem Sperrmüll findet, ist doch sowieso oft interessanter als das Neue und Makellose. Kleine Fundstücke gibt es auf "W H O K I L L" zuhauf, man muss nur aufpassen, dass sie sich in der schnellen und abgehackten Rhythmik nicht direkt wieder aus dem Gehör winden. Insgesamt macht Merrill Garbus' Stimme den Unterschied. Ob das Album trotz obiger Kritikpunkte einen ebenso guten Gesamteindruck hinterlassen würde, hätte jemand anderes am Mikro gestanden? An der Stelle kann man froh sein, dass es sich bei tUnE-yArDs um ein Soloprojekt handelt.

Johannes Neuhauser

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