Rezension

tUnE-yArDs

Nikki Nack


Highlights: Water Fountain // Real Thing // Hey Life
Genre: Experimental // Indie-Pop
Sounds Like: St. Vincent // Dirty Projectors // M.I.A.

VÖ: 02.05.2014

Merrill Garbus macht sich die Welt, widdewidde wie sie ihr gefällt. Nicht nur bei der Groß- und Kleinschreibung schert sich die tUnE-yArDs-Frontfrau nicht um gängige Konventionen, auch musikalisch wehrt sie sich vehement dagegen, in eine einengende Schublade gesteckt zu werden. Dabei stößt sie wie Pippi Langstrumpf natürlich nicht immer nur auf Bewunderung, sondern auch auf eine gehörige Portion Unverständnis. Schließlich kann nicht jeder mit einer solch lauten, energiegeladenen Persona, die noch dazu derart abenteuerliche Musik produziert, etwas anfangen.

War es auf dem Debüt „BiRd-BrAiNs“ noch hauptsächlich der ausgesprochene Lo-Fi-Sound, der auf viele befremdlich wirkte, sorgte auf dem von Kritikern gefeierten Nachfolger „W H O K I L L“ neben ungewohnt tönenden Saxophon-Einlagen wohl vor allem der oft nahezu animalisch anmutende Gesang Garbus' für allerlei Stirnrunzeln. Mit ihrem neuen Album „Nikki Nack“ zeigt sich die Kalifornierin nun ein klein wenig handzahmer, hängt ihre charmante Aufmüpfigkeit aber zum Glück nicht ganz an den Nagel. Denn wie auch Pippi Langstrumpf allen voran für ihre Forsch- und Verrücktheit, ihr ausgeprägtes Selbstbewusstsein und ihre „Ich mach, was mir gefällt“-Attitüde weltweit verehrt wird, sind es auch bei tUnE-yArDs gerade die Extravaganz und ansteckende Spielfreude, die an ihrer Musik so faszinieren und begeistern.

Dass bei den neuen Songs hauptsächlich eigentümliche, meist karibisch angehauchte Rhythmen im Vordergrund stehen, ist kein Zufall. Denn Garbus ließ sich während eines Aufenthalts auf Haiti – ihrem persönlichen Taka-Tuka-Land, wenn man so will – von den Tanz- und Percussionkünsten der Haitianer inspirieren. So entstanden dann wunderbare Songs wie das von grooviger Bassline begleitete „Water Fountain“, das trotz all seiner Trommeln, Handclaps und Stammesgesänge immer noch unheimlich melodisch daherkommt, oder auch „Real Thing“, in dem ein verhältnismäßig sanfter, einnehmender Refrain immer wieder von offensiv vorgetragenen Strophen („singing real loud like the real thing“) unterbrochen wird.

An Stelle des berühmt-berüchtigten „Zwei mal drei macht vier, widewidewitt und drei macht neune“ tritt im aufgedrehten „Hey Life“ ein ganz und gar unwiderstehliches „1-2-3 o’clock 4 o’clock walk and walk and talk and talk...“. Was Garbus letztendlich aber endgültig zur musikalischen Pippi Langstrumpf ihrer Generation macht, ist der Closer "Manchild", in dem sie sich von Mannskindern aller Art emanzipiert, indem sie explizit anprangert, was zuletzt unter dem Hashtag #YesAllWomen auf Twitter für so große Aufregung sorgte: „Not gonna say yes, when what I really mean is no“ / „I mean it, don’t beat upon my body“ / „I've got something to say!“

Paulina Banaszek

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