Rezension

Tomte

Buchstaben über der Stadt


Highlights: Geigen bei Wonderful World // Norden der Welt // New York // Walter & Gail
Genre: Leben
Sounds Like: siehe Genre

VÖ: 03.02.2006

Thees ist glücklich geworden. So richtig. Nach vielem hin und eigentlich genausovielem her ging alles zum Positivem. Das best case scenario trat ein. Das hört man dem neuen Tomte-Album an. Die vielen Selbstzweifel und der Kummer vom Vorgänger sind passé, endlich hat Thees was er wollte. Man kann ihm keinen Vorwurf machen, Glück ist kein Verbrechen. Und das seine Musik glücklich klingt nur eine logische Konsequenz. Er lacht zurecht und wir lachen auch. Sollten wir jedenfalls.

Das Album beginnt mit der Hymne. Wenn uns die Worte fehlen auszudrücken, was wir fühlen, dann machen wir am besten einfach dieses Lied an und es geschieht. Oder eben nicht. Weißt du was du mir bedeutest? Auf einem Platz in meinem Herzen steht dein Name an der Wand und ich will, dass du es erfährst. So soll es sein, so war es erdacht. Thees zaubert noch immer diese weltumarmenden Melodien hervor, singt noch immer, als wär das sein ganzer Lebenssinn und ich mag nicht am Vorgänger messen. „Buchstaben über der Stadt“ lässt Raum für Kontroverse und erlaubt die eine oder andere Frage nach Progress und Glätte aber mich kümmert es gerade nicht.

Ich war lange lange nicht zufrieden mit diesem Album. Doch plötzlich macht es Sinn. Ich sagte bereits, dass dieses Album so klingen muss, es geht ja gar nicht anders. Mit allem anderen hätte Thees uns angelogen. Er liebt eben und möchte uns an seiner Liebe teilhaben lassen. Die Lyrics sind seine absolute Privatsache und das betont er auch häufig in Interviews. Wenn Thees von Liebe im Alter singt, wie stolz er ist, als er dieses alte Ehepaar sieht, dann ist das was ganz Besonderes, nicht selbstverständlich, dass er das mit uns teilt. Aber er meint das als Appell. Er hat Ideale bekommen, die weit hinter Bier, gute Musik und das Jungsein reichen. Natürlich können das viele Teenager nicht verstehen und nachvollziehen, die in Tomte ihre Indiekoryphäen sehen und lieber weiter in Kiezromantik schwelgen. Es gibt soviel mehr zu erkunden. Eine sehr reife Platte, fürwahr.

Doch Thees bleibt Uhlmann. Der Schlusssong versöhnt uns alle. Er singt von seiner Liebe, der Musik und den Tönen. Und wie sehr das doch irgendwie alles zusammengehört. Jeder von uns kennt das. Ich lebe mich durch eines der schönsten Leben, mit den schönsten Songs der Welt. Sei es nun eine Woche, oder ein Jahr, das kann dir und mir keiner mehr nehmen. Plötzlich ergeben alle diese Lieder Sinn, weil man mit sich selbst für wenige Momente ins Reine kommt, man versteht, glaubt es zumindest. Eine katharsische Erfahrung. Musik als lebensnotwendige Schulter und als Herzschrittmacher. Musik, die alles um einen verbindet, die Luft bekommt Geschmack. Für Thees sind es zum Beispiel die Weakerthans. Und wenn man nur wüsste, woher man kommt, wenn man nur wüsste wohin. Man sollte weniger nachfragen und zweifeln, sondern einfach mehr geschehen lassen. Gefühle sind wie Töne.

Ich bilde mir ein, begriffen zu haben, was die Buchstaben über der Stadt bedeuten.

Konstantin Kasakov

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