Rezension

The XX

The XX


Highlights: VCR // Crystalised // Heart Skipped A Beat // Basis Space
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: The Kills // Blonde Redhead // M83 // The Big Pink

VÖ: 14.08.2009

Versuchen wir es mal so: Es donnert, blitzt und stürmt, die Pavillons und Zelte fliegen der unvorbereiteten Meute um die Ohren und die einzige Sorge, die man hat, ist, dass nicht alles vom Regen weggeschwämmt wird, was in den nächsten Tagen zum Leben benötigt wird. Dann: Die Wolken verziehen sich, es wird heller, die Sonne lugt unsicher hervor und sorgt innerhalb weniger Stunden dafür, dass alles geröstet wird, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Und dazwischen? Dieser kleine Moment, der die Nachwehen des Unwetterschocks und gleichzeitig die Erleichterung ob des Umschwungs in sich trägt. Das sind The XX – oder besser: so klingt ihr Debüt. Nicht fassbar und doch von ungeheurer Euphorie getragen, obschon der Grundton ein eher melancholischer, wenig sonniger ist.

An diesem Vergleich, der nicht ganz zufällig an ein bekanntes, fast obligatorisches Festivalszenario angelehnt ist, wird klar: So wirklich treffend ist alles nicht, was in Zusammenhang mit diesem großartigen Stück Musik geschrieben wird. Zu überraschend frisch und neu, gleichzeitig von jedem Trend unbehelligt klingt das, was Oliver Slim und Romy Madley Croft da anstellen. Dabei liegt das Besondere an dieser Platte nicht in der Hauptsache bei den Dingen, die sie tun, sondern vor allem an jenen, die sie nicht tun. Die Kunst der Reduktion in vollendeter Perfektion. Die Drums galoppieren bedächtig, fast so, als wollten sie sich wegschleichen - unbemerkt am gezielten, punktgenauen Basseinsatz vorbei - und werden in ihrem Minimalismus vom reinen Gitarrensound, der, nur hin und wieder, an flüchtigen, fast stillen, Synthieflächen vorbei muss, bei Laune gehalten. Doch überragend ist dann doch am Ende auch das Zusammenspiel der beiden Gesangsstimmen. Während Slim hinter seinem Bass melancholisch, gar apathisch klingt, haucht Croft zuckersüß Zeilen in die minimalistische Klangkunst. „I`m Yours Now, So I`ll Never Have To Leave“ dringt es in “Islands” an unser Ohr und nur die allercoolsten Rocker mit den härtesten aller Herzen würden sich in dem Moment nicht wünschen, dieses Gesäusel gälte einem selbst.

Doch nicht nur hier ist ein höchstmöglicher Grad an Intimität erreicht. Die Produktion schafft so viel Raum, dass man als Hörer noch mehr als genug Möglichkeiten findet, sich in den minimalistischen, aber immer punktgenau durchdachten Arrangements zurecht zu finden. Es ist äußerst problematisch, an „The XX“ etwas Negatives auszumachen. Mit jedem Hördurchgang ist man eher gewillt, den Kollegen zuzustimmen, die im Rausch eines spontanen Gefühls, Teil von etwas Großartigem zu sein, vom besten Debütalbum seit Joy Divisions „Unknown Pleasures“ sprachen. Und selbst wenn der spontane Moment vergangen ist, sich die erste Aufregung gelegt hat und man Abstand zum Gegenstand gewonnen hat, bleiben kaum Gegenargumente. Wir können The XX bedenkenlos in den Poptopf der ganz Großen schmeißen. Denn selbst wenn dieses Debüt nur schwer erreicht, geschweige denn getoppt werden kann, hat es dennoch das Potenzial, auch in fünf oder zehn Jahren nochmal in der guten Klassikerdiskussion aus dem Plattenschrank geholt zu werden.

Große, aber durchdachte Worte, meine Freunde!

Andreas Peters

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