Rezension

The Thermals

Personal Life


Highlights: I Don't Believe You // Not Like Any Other Feeling // A Reflection
Genre: Indie Rock // Lo-Fi
Sounds Like: Guided by Voices // Times New Viking // The Clean

VÖ: 10.09.2010

Obwohl der heutige Musikrevisionismus vorbestimmt scheint, lassen sich Einfluss und Reichweite einer Veröffentlichung nur in den seltensten Fällen ausmachen. Dass ausgerechnet ein für 50$ eingespieltes, schmutziges und schnörkelloses Album zur Blauphase des Garage- und Lo-Fi-Revivals wird, hätte nicht mal der optimistischste Kritiker erträumt. Besonders, weil 2003 die Libertines und ihre Schergen mit eiserner Hand über die westliche Indierockwelt regierten. Doch mit ihrem Erstling “More Parts Per Million” ist den Thermals aus Portland, Oregon, diese Unwahrscheinlichkeit gelungen. Mittlerweile ist Dilettantismus chic und Heerscharen von Bands schwören auf Homerecordingtechniken. Nun veröffentlichen die Thermals ihr fünftes Album, “Personal Life”. Alles beim Alten?

Glücklicherweise nicht. Anstatt ihrer Erfolgsformel treu zu bleiben, hat die Band sich weiterentwickelt. Was nun nicht heißt, dass die Thermals plötzlich Rockopern verfassen würden. Nein, sie haben einen Weg aus der stilistischen Sackgasse gefunden: die Entdeckung der eigenen Gelassenheit. War der Vorgänger “Now We Can See” rückblickend eine Übergangsplatte, führen die Thermals nun ihren eingeschlagenen Weg konsequent fort. Bereits der Titel des Openers “I’m Gonna Change Your Life” macht den Wandel unmissverständlich. Entspannt und überraschend handzahm umschmeichelt der Song den Zuhörer. Ob der Song nun wirklich Leben verändern wird, ist unwichtig. Was zählt, ist, dass die Band an ihren eigenen Wandel glaubt und diesen überzeugend vorführt.

Trotz angezogener Handbremse sind die Lieder nie übertrieben poppig und massentauglich wie auf “Now We Can See”. Vielmehr durchzieht eine grundlegende Melancholie das gesamte Album, ohne dass die einzelnen Songs die für die Thermals typische Hymnenhaftigkeit verlieren. Gerade durch diese Bandtugend wirkt “Personal Life” nicht wie ein Fremdkörper in der Diskografie. Der Wandel wirkt organisch, ist schlussendlich eine logische Weiterentwicklung.

Allerdings nimmt diese Euphorie in der zweiten Hälfte des Albums leicht ab. Heimlich wünscht man sich doch öfter lärmige Songs wie “I Don’t Believe You”, welche den Trott der Platte auflockern würden. Andererseits wirkt der Singsang in der Uptemponummer “Your Love Is So Strong” verglichen mit der Reife der restlichen Lieder fast beschämend dümmlich und uninspiriert.

Obwohl man auf “Personal Life” zeitweise die alte Wut vermisst, kann man der Band dies nur schwer ankreiden. Schließlich klingen “More Parts Per Million” und “Fuckin’ A” immer noch unverbraucht und frisch. Ein müdes Aufwärmen dieser Platten würde niemandem dienen. Mit “Personal Life” sind die Thermals erwachsen geworden. Herzlichen Glückwunsch!

Yves Weber

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