Rezension
The New Pornographers
Together
Highlights: Crash Years // Sweet Talk, Sweet Talk // Up In The Dark // A Bite Out Of My Bed
Genre: Powerpop // College-Rock // Indie-Pop
Sounds Like: AC Newman // Built To Spill // The Shins // Oxford Collapse // The Fiery Furnaces // Malajube
VÖ: 30.04.2010
Es ist an der Zeit, eine etwas gewagte These aufzustellen: "Challengers", das im Jahre 2007 erschienene vierte Album der New Pornographers, war unterschätzt. Zu sehr beschränkten sich die Kritiker darauf, den fehlenden Elan zu bemängeln, der die vorherigen drei Werke charakterisiert hatte, obwohl sie zugegebenermaßen meist dennoch ordentliche Bewertungen zogen. Gleichwohl ließen sie außer Acht, dass das Kollektiv um AC Newman und Neko Case seine Stärken nicht nur in energiegeladenen und melodiösen Powerpop-Songs ausspielen kann, sondern auch dazu in der Lage war, einige der schönsten verträumten Indiepop-Stücke des Jahres hervorzubringen. Müßig zu erwähnen, dass "Challengers" dem Verfasser dieser Rezension mindestens vier von fünf Punkten Wert gewesen wäre.
Seitdem ist einige Zeit vergangen, die die Mitglieder der New Pornographers nicht nur nutzten, um zu touren und Songs für das nunmehr vollendete Fünftwerk "Together" zu schreiben, sondern auch, um sich ihren Side-Projekten zu widmen. Insbesondere Sängerin Neko Case tat sich hier hervor, stürmte als Solo-Interpretin die amerikanischen Charts und heimste im Vorbeigehen noch zwei Grammy-Nominierungen ein. Logisch, dass dies auch den New Pornographers noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit bescherte, und "Together" dementsprechend so manche Vorschusslorbeere zu rechtfertigen hat. Der orchestrale Opener "Moves" beweist direkt, dass die momentan achtköpfige Gruppe nichts verlernt hat. Klavier und verschiedene Streicher umspielen das Gerüst, das die druckvoll gespielten Drums vorgeben, gekonnt, während AC Newman am Mikro abwechselnden Support von mehreren Bandkollegen erhält. Dabei fließt der Song keineswegs nur vor sich hin, sondern hat diverse Stromschnellen und Windungen mit eingebaut.
"Crash Years" tarnt sich zunächst als entspannterer Vertreter seiner Sorte im Stile von "Challengers", doch der Refrain nimmt Fahrt auf. Und das galoppierende "Your Hands (Together)" lässt endgültig vermuten, dass "Together" mit das kraftvollste Album ist, das die New Pornographers bisher hervorgebracht haben. "Sweet Talk, Sweet Talk", eines der Highlights der Scheibe, überzeugt durch den Wechsel aus Stakkato-Struktur in der Strophe mit College-Rock-Refrains und gönnt sich im Outro noch eine Portion Folk obendrauf. Dass AC Newman zudem die Lead-Position am Mikro gen Albummitte meist Neko Case überlässt und eher unterstützend eingreift, kann der Abwechslung nur zuträglich sein. Generell erfüllen die Lyrics zweierlei Zweck, wie Newman kürzlich in einem Pitchfork-Interview verriet. Neun der zwölf Songs auf "Together" entstammen seiner Feder (die restlichen drei hat Dan Bejar – neben seinem Engagement bei den New Pornographers Frontmann von Destroyer – geschrieben), und während sich meist eine Botschaft in Newmans Texten findet, steht in den abstrakteren Teilen auch mal die Lautmalerei im Vordergrund.
So lässt sich vielleicht ein Titel wie "Valkyrie In The Roller Disco" erklären, der auf den ersten Blick wenig Sinn ergibt. Das darauf folgende "A Bite Out Of My Bed" stellt einen weiteren Höhepunkt auf "Together" dar. Catchy, aber mit individueller Note, vertraut wirkend und doch frisch – diese Attribute beschreiben die New Pornographers schon seit Jahren treffend und werden hier vereint. Nur "If You Can't See My Mirrors" plätschert etwas zu sehr vor sich hin, ohne dabei die ganz großen Melodien aufzufahren. Wer balladeske Songs sucht – und das ist vielleicht der einzige Wermutstropfen an "Together" – ist allgemein mit "Challengers" besser beraten. So ist auch der Schlusstrack "We End Up Together" etwas zu hymnisch, um wirklich zum Rest des Albums zu passen, auf dem die Band normalerweise keine sechs Minuten benötigt, um einen Song gelungen abzurunden. "Together" steht meist gehörig unter Strom und bietet eine Menge hochklassiger, abwechslungsreicher Songs, die sich aber nicht alle schon ab dem ersten Hördurchgang so provokant im Ohr festsetzen wie noch auf früheren Werken. Aber das war ja auch schon auf "Challengers" so. Also: Schnell die "Replay"-Taste drücken. Dann besteht auch keine Gefahr, das Album zu unterschätzen.
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